Erwärmung verschärft Hunger

Entwicklungsorganisationen luden Klimazeugen nach Deutschland ein

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Ein ungebremster Klimawandel führt zu mehr Dürren und zu mehr Hungernden. Im Vorfeld des Kopenhagener Klimagipfels Anfang Dezember luden mehrere entwicklungspolitische Organisationen »Klimazeugen« aus besonders betroffenen armen Ländern nach Deutschland ein. Mit Thomas Hirsch, dem Klimabeauftragten von »Brot für die Welt« sprach unser Mitarbeiter Marcus Meier.
Erwärmung verschärft Hunger

ND: »Brot für die Welt« ist eine entwicklungspolitische Organisation. Warum engagieren Sie sich so vehement für den Klimaschutz?
Hirsch: Weil die Bekämpfung des Klimawandels und der Kampf für das Recht auf Entwicklung und Ernährung zwei Seiten der selben Medaille sind. Früher, in den 1950er Jahren, musste man in Afrika südlich der Sahara alle sieben biblischen Jahre mit einer Dürre rechnen. Heute finden Dürren alle drei, künftig wohl alle anderthalb Jahre statt. Die Häufigkeit und Intensität von Dürren hat also drastisch zugenommen. Und die Brennpunkte des Hungers sind auch die Brennpunkte des Klimawandels. Dort, wo die Menschen jetzt schon hungern, wird der Klimawandel besonders früh besonders brutale Folgen haben.

Sie fordern Klimagerechtigkeit. Was heißt das konkret?
Klimagerechtigkeit bedeutet: Jeder Erdbewohner muss das gleiche Recht auf Umweltnutzung haben. Wenn wir von Wissenschaftlern gerade noch als akzeptabel betrachtete Temperaturerhöhung von zwei Grad Celsius zu Grunde legen, dürfte jeder Mensch nur noch zwei Tonnen des Treibhausgases Kohlendioxid pro Jahr ausstoßen. Das müssen wir bis 2050 erreichen.

Im Durchschnitt bläst aber jeder Deutsche über zehn, jeder US-Amerikaner fast zwanzig Tonnen CO2 pro Jahr in die Luft. Was tun?
Wir müssen unsere ganze Wirtschaftsweise und unsere Energieversorgung binnen kürzester Zeit komplett umstellen. Einige Industrieunternehmen sehen die großen Chancen, die der notwendige wirtschaftliche Umbau mit sich bringt. Aber noch dominieren leider diejenigen, die sich gegen den schnellstmöglichen Ausstieg aus der Nutzung von Kohle und Öl wehren.

Was bedeutet das für den Klimagipfel in Kopenhagen?
Die EU-Länder müssen sich ohne Wenn und Aber verpflichten, ihren Kohlendioxidausstoß bis 2020 auf höchstens 70, besser noch 60 Prozent des Standes von 1990 zu reduzieren. Das ist machbar. Allein durch die Wirtschaftskrise ist der Kohlendioxid-Ausstoß um zehn Prozent gesunken. Wichtig ist auch, dass diese Reduzierung in den EU-Ländern selbst stattfindet. Ein Ablasshandel nach dem Motto: »Wir finanzieren Einsparungen im Süden, weil's billiger da ist, und schreiben uns die auf dem eigenen Konto gut« darf es nicht geben. Die reichen Länder müssen sich zudem verpflichten, dem Süden 160 Milliarden Dollar zur Verfügung zu stellen – pro Jahr und bitte sehr regelmäßig. Die Verschmutzer sollen zahlen. Nur so können die Entwicklungsländer sich an den Klimawandel anpassen und seine Folgen abfedern.

Selbst der Bundesverband der Deutschen Industrie hat nun einen »Berliner Appell« zum Klimaschutz verabschiedet. Ist die Wirtschaft nun auf Ihrer Seite?
Wir begrüßen natürlich, wenn der BDI nach langem Zögern erstmals eine »verbindliche Vereinbarung« im Klimaschutz fordert. Wenn Sie das Papier aber genau lesen, werden Sie feststellen, dass die Botschaft eine andere ist: Deutschland möge um Gottes Willen nicht mehr tun als andere Länder.

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