Botschaft vom Fuße des Mount Everest
Nepals Regierung tagte im Hochgebirge
Insgesamt 24 Minister Nepals und Premierminister Madhav Kumar Nepal fanden sich am frühen Freitagmorgen zu einer Sondersitzung des Kabinetts am Fuße des Mount Everest ein. In 5242 Metern Höhe verabschiedeten sie im alpinen Basislager Kalapatthar eine aus zehn Punkten bestehende »Everest Deklaration« zum Umweltschutz. Darin appellieren sie, beim bevorstehenden Klimagipfel in Kopenhagen verbindliche Festlegungen zur Reduzierung von CO2-Emissionen zu treffen, ehe es zu spät ist. Nepal, dessen Anteil am globalen Ausstoß von Treibhausgasen ziemlich unbedeutend ist, verpflichtet sich, mit allen anderen Staaten konstruktiv nach Wegen zum Klimaschutz zu suchen. Im September hatte es in Kathmandu ein internationales Expertentreffen zu den negativen Auswirkungen der Erderwärmung auf die Himalaja-Region gegeben.
Während ihrer 20 Minuten dauernden Sitzung erklärten die Regierungsmitglieder auch ein 2035 Quadratkilometer großes Areal zwischen dem Mount Everest und Langlong wegen seiner Biovielfalt zum Naturschutzgebiet. Der Premier sprach von einer »historischen Sitzung«, mit der kurz vor dem Kopenhagen-Gipfel die Aufmerksamkeit auf die Umweltprobleme auf dem südasiatischen Subkontinent gelenkt werden sollte. Immerhin komme aus dem 2700 Kilometer langen Himalaja-Gebirge ein beträchtlicher Teil des Frischwassers für Gebiete Chinas, der Mongolei, Indiens, Pakistans, Afghanistans und Nepals. Es gebe durch den Klimawandel spürbar mehr Gletscherschmelze, Überschwemmungen, Erdrutsche, Entwaldung und Dürre auf dem Subkontinent. Die sozialökonomische Entwicklung von mehr als 1.6 Milliarden Menschen sei gefährdet. Außerdem spiele das Hochgebirge auch bei der Aufrechterhaltung des globalen Umweltgleichgewichts eine signifikante Rolle. »Wegen des globalen Klimawandels und dessen Auswirkungen sieht sich die gesamte Menschheit mit zusätzlichen Herausforderungen für ihr Überleben konfrontiert«, sagte der Regierungschef vor Journalisten.
Kurz vor dem »Gipfel-Meeting« vom Freitag hatte der nepalesische Umweltexperte Bidur Prasad Upadhyay nachdrücklich auf die Effekte der globalen klimatischen Veränderungen auf Nepal verwiesen: Jährlich kommen hier wegen Naturkatastrophen rund 500 Menschen ums Leben, und es entstehen durch Überflutungen, Bodenerosion und Erdrutsche Schäden in Millionenhöhe. Schwere Niederschläge waschen bewaldete Hänge aus, was schließlich zur Versteppung führt. Modelle sagen eine Ausweitung der Monsunsaison von Juni bis Juli voraus. Die südliche Terai-Region, die »Getreideschüssel« Nepals, wird von noch mehr Überschwemmungen heimgesucht werden. Dafür werden die Winter trockener.
Mit der »Everest-Sondersitzung« folgte Nepals Regierung dem Beispiel der Malediven, wo sich der Präsident und etliche Minister im Oktober zu einer spektakulären Beratung zum Klimawandel sechs Meter unter dem Meeresspiegel versammelt hatten.
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