Keine Festtagsruhe in Afghanistan

Deutsche Debatte über Truppenverstärkung und Untersuchungsausschuss

  • René Heilig
  • Lesedauer: 2 Min.
Der US-Präsident hat seine Afghanistan-Strategie erläutert, die NATO weiter ewige Gefolgschaft versprochen, der Bundestag bestätigte brav das ISAF-Mandat. Nun herrscht nach den Vorstellungen der Kriegsherren erst einmal wieder mediale Ruhe – bis sich zur Afghanistan-Konferenz Ende Januar Erfolge vermelden lassen.

Festtagsruhe wird sich nicht einstellen am Hindukusch. Nicht nur, weil man dort – außer in westlichen Festungen – kaum Weihnachten feiert. Gestern, am zweiten Advent, verkündete die NATO, dass am Wochenende bei Anschlägen und Gefechten mindestens 18 Menschen ums Leben gekommen sind. Unter den Opfern ist ein US-Soldat der ISAF. Damit stieg die Zahl der in diesem Jahr am Hindukusch getöteten US-Militärs auf 301, berichten die Internetzähler von www. icasualities.org. Im vergangenen Jahr wurden am Hindukusch 295 ausländische Soldaten getötet, darunter 155 Angehörige der US-Streitkräfte getötet.

Die Opfer unter der afghanischen Bevölkerungen werden nicht so akribisch gezählt. Bei zwei Luftschlägen der Invasoren in den Provinzen Laghman und Wardak wurden – so das afghanische Verteidigungsministerium am Wochenende – vermutlich zwölf Taliban getötet. Fünf weitere Aufständische seien in der südlichen Provinz Kandahar erschossen worden. Im Süden lief zugleich eine Offensive von US- und afghanische Truppen an, ließ der Gouverneur der Provinz Helmand verkünden. Die rund 1000 Soldaten sollen sogenannte Aufständischen zurückdrängen.

Doch auch an den »Heimatfronten« der westlichen Truppenstellerstaaten spitzen sich die Kämpfe zu. Bei der Abstimmung im Bundestag zur Verlängerung des ISAF-Bundeswehrmandats in der vergangenen Woche war nur die Regierungskoalition »auf Linie«. In der Union widersprachen drei, bei der FDP zwei Parlamentarier. Die SPD verzeichnete elf Gegenstimmen und zwei Enthaltungen, die Grünen-Befürworter scheinen auf dem Rückzug: Acht stimmten für ISAF-Verlängerung, 19 dagegen, 40 waren meinungslos. Nur die Linksfraktion stand geschlossen gegen den Militäreinsatz.

Dessen Ausweitung droht. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat eine Aufstockung des deutschen Kontingents nach der Afghanistan-Konferenz am 28. Januar in London nicht ausgeschlossen. Dagegen hat sein CSU-Chef, der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer, »wenig Sympathie dafür«.

Für politischen Zwist sorgt weiter die Untersuchung des Bombenangriffs am 4. September, bei dem über 140 Afghanen umgebracht wurden. Sollte der beschlossene Untersuchungsausschuss nicht öffentlich genug tagen, wäre ein zweiter Ausschuss denkbar, erklärte Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin und schloss sich damit Überlegungen der LINKEN an. Seite 6

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.