Werbung

Einschüchtern als Krisenfolge

  • Lesedauer: 2 Min.

Darf ein Betriebsrat im Fernsehen über seinen Betrieb sprechen? Wenn er Positives vermeldet oder zu den großen BR-Vorsitzenden der Autokonzerne gehört, sicherlich. Äußert er sich jedoch kritisch und arbeitet bei einem kleinen Krauter in der Provinz, scheint die Sache anders auszusehen. Weil Günther Albrecht, Betriebsrat bei Dietz-Motoren im württembergischen Dettingen, Ende Oktober in einem »Spiegel-TV«-Beitrag zu den Folgen der Krise im Maschinenbau zwei Sätze über seine Firma sagte, wurde er von Geschäftsführer Bernd Strauß fristlos wegen Geschäftsschädigung gefeuert.

Albrecht hatte erläutert, dass die Banken dem Unternehmen Schwierigkeiten bereiteten und dass zuletzt die Lohnzahlung unsicher gewesen sei. Der 47-Jährige weiß, wovon er redet. Seit elf Jahren arbeitete er in der 240-Mann-Firma, seit 2003 ist er Betriebsrat, bei der letzten Wahl erhielt er die meisten Stimmen. Sein Engagement in der Firma hatte Folgen: Abmahnungen, Versetzung des Entwicklungsingenieurs in den Einkauf. Er ließ sich nicht einschüchtern. Nun also die Kündigung.

Mit Hilfe der IG Metall wehrt Albrecht sich, klagt auf Wiedereinstellung. Am kommenden Dienstag treffen sich Geschäftsführung und der geschasste Betriebsrat vor dem Arbeitsgericht zum Gütetermin. Herauskommen wird dabei wohl nichts. Albrecht will sich sein Recht nicht abkaufen lassen. Er will seinen Job wiederhaben. Respekt für diesen eisernen Willen. Aber es geht hier nicht ausschließlich um die Person Günther Albrecht. Es geht um Meinungsfreiheit. Journalisten, die aus der Region über die Krise berichten wollen, stellen bereits fest, dass sie kaum mehr Beschäftigte finden, die sich öffentlich äußern. Ihrer Informationspflicht können Medien so nur schlecht nachkommen.

Geschäftsführungen wie die von Dietz-Motoren nutzen die Krise und die sich verschärfende Konkurrenz um Arbeitsplätze, um Mitarbeiter einzuschüchtern. Dass diese Strategie bei vielen offensichtlich wirkt, ist bitter und lässt Schlimmes für die kommenden Monate erahnen. Es wäre gut für die Demokratie, würden Arbeitsrichter 20 Jahre nach dem Mauerfall das Recht auf freie Meinungsäußerungen auch für Arbeitnehmer verteidigen.

Barbara Martin

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.