Jamaikanisches Haushaltsloch
Für die Regierungskoalition im Saarland beginnt ein schweres Jahr
Saarbrücken. Das Jamaika-Experiment im Saarland steht 2010 vor seinen ersten wirklichen Bewährungsproben. Mit einer Schonfrist kann die neue Landesregierung aus CDU, FDP und Grünen kaum rechnen. Zu groß sind die Probleme des hoch verschuldeten Bundeslandes, zu schwer könnten die Folgen der weltweiten Wirtschaftskrise das stark exportabhängige Saarland im neuen Jahr treffen.
Auf die Rücksicht der waidwunden SPD und der LINKEN Oskar Lafontaines darf CDU-Ministerpräsident Peter Müller nicht rechnen. Vor allem bei den Sozialdemokraten sitzen die Verletzungen tief, die die Absage der Grünen an ein rot-rot-grünes Bündnis geschlagen haben. Mit scharfen Worten attackiert SPD-Chef Heiko Maas vor allem die Grünen, denen er indirekt Verrat vorwirft.
Schon in den letzten Wochen des alten Jahres zankten sich die Politiker im kleinsten Flächenland der Republik heftig – der Ton in der Politik der eher harmoniebedürftigen Saarländer ist erheblich rauer geworden. Mit Reggae-Musik, karibischen Gefühlen und guter Laune jedenfalls hat das schwarz-gelb-grüne Projekt nichts gemein – abgesehen eben von der Farbkombination, die der Inselstaat auf seiner Flagge trägt – und vielleicht der dramatischen Haushaltslage.
Ein Zukunftsmodell?
Die Neuverschuldung an der Saar klettert 2010 auf einen Rekord, der Haushalt ist wegen der Regierungsbildung nach der Landtagswahl im August nicht einmal beraten worden. Da ist es kaum eine Erleichterung, dass die Krise bisher weniger dramatisch verlaufen ist, als von manchen Experten vorhergesagt.
»Viele Folgen werden uns erst 2010 in aller Härte treffen«, sagt Müller in seiner Neujahrsansprache und stimmt die Saarländer auf ein schweres Jahr ein. »Der Wiederaufstieg wird lange dauern.« Die Zahl der Arbeitslosen könnte 2010 auf mehr als 50 000 steigen. »Ich bin aber fest davon überzeugt: Wenn alle Beteiligten sich ihrer Verantwortung stellen, kann diese Zahl deutlich unterschritten werden«, sagt Müller. Bisher sichert die Kurzarbeit im Saarland viele Jobs, mehr als in vielen anderen Regionen. Wie lange die Unternehmen das durchhalten können, ist offen.
Offen ist auch die politische Zukunft des schwarz-gelb-grünen Experiments. In anderen Ländern dürfte die Arbeit der Koalition genau beobachtet werden, auch wenn das Saarland in mancherlei Hinsicht ein Sonderfall ist.
Dennoch: Hält das Bündnis, könnte es ein Modell für die Zukunft werden. Saarlands Grünenchef Hubert Ulrich jedenfalls hält die »schwarze Ampel« auch anderswo für möglich. Nun sei vor allem für seine Partei »ein Tor aufgestoßen worden, das in anderen Ländern positiv aufgenommen wird, weil wir jetzt eine Option mehr haben, um Koalitionen zu bilden«, sagte er der dpa. Eine Empfehlung für seine Parteifreunde in Nordrhein-Westfalen will Ulrich nicht abgeben. Dennoch zeige ein Blick in die Kommunen, dass »an der Basis sehr offen über schwarz-grüne Bündnisse nachgedacht wird«. Im bevölkerungsreichsten Bundesland wird im Mai ein neuer Landtag gewählt – und auch dort könnte es zumindest theoretisch für ein Jamaika-Bündnis reichen.
Maas warnt die Genossen
SPD-Landeschef Maas warnt auch deshalb seine Genossen an Rhein und Ruhr vor einer zu großen Nähe zu den Grünen. Stattdessen solle man sich lieber auf sich selbst konzentrieren: »Aus den Erfahrungen, die wir gemacht haben, kann ich nur dazu raten, alles daran zu setzen, das eigene Profil in den Mittelpunkt zu stellen und sich nicht auf andere zu verlassen, weder auf die Grünen noch auf die Linkspartei«, sagt Maas. »Es ist ja ohnehin so, dass die Grünen in den Bundesländern mittlerweile häufiger mit der CDU eine Landesregierung stellen als mit der SPD.«
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