Hektische Suche nach Afghanistan-Ausweg
Westerwelle rudert / Käßmann in Unionskritik
Berlin (ND/Agenturen). Die Bundesregierung will ihre Afghanistan-Strategie erst nach der internationalen Konferenz am 28. Januar neu festlegen. Dann will sie auch über eine Verstärkung der derzeit bis zu 4500 deutschen Soldaten entscheiden. Dennoch ist die Debatte über die »deutsche Zukunft in Afghanistan« in vollem Gange.
Auf der Afghanistan-Konferenz »sollten wir daran arbeiten, den Übergabeprozess der Sicherheitsverantwortung an Afghanistan von 2010 an zu beginnen«, sagte Außenminister und Vizekanzler Guido Westerwelle dem »Focus«. Dies schaffe eine Abzugsperspektive für die Bundeswehr. Westerwelle betonte zugleich, er habe »nie mit einem Boykott« der Konferenz gedroht. Gleichwohl könne sie keinen Erfolg haben, wenn es nur um zusätzliche Truppen gehe.
Seehofer blockt Obama
Weiter im Gespräch ist die Truppenaufstockung dennoch. Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer nannte als Voraussetzung dafür ein umfassendes Afghanistan-Konzept. »Nur wenn es ein klares integriertes Konzept der militärischen, zivilen und gesellschaftlichen Ebene gibt, dann kann man auch über mehr Soldaten reden«, sagte er der »Bild am Sonntag«. Ihm sei »durchaus bewusst«, dass das Konzept von US-Präsident Obama auch bedeutet, »dass wir rund 2000 zusätzliche Soldaten schicken müssen«. Er hätte aber erhebliche Probleme, mehr Soldaten nach Afghanistan zu schicken ohne eine zivile Perspektive. »Beides muss miteinander verzahnt werden.«
FDP und SPD bremsen
Der Chef der CSU-Landesgruppe, Hans-Peter Friedrich, lehnte eine frühzeitige Festlegung für oder gegen eine Aufstockung deutscher Truppen ab. Der CSU-Innenpolitiker Hans-Peter Uhl drängte auf ein Ausstiegs-Szenario. »Das heißt, wir werden festlegen, wann die ersten deutschen Soldaten das Land verlassen«, sagte er.
Deutliche Skepsis gegenüber einer Truppenaufstockung äußerte FDP-Fraktionschefin und Sicherheitsexpertin Birgit Homburger. »Die Frage nach einer Aufstockung des deutschen Kontingents stellt sich im Augenblick nicht«, sagte sie. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel kritisierte, Westerwelle solle noch vor der Afghanistan-Konferenz seine Vorstellungen »im Bundestag diskutieren«.
Die strikte Ablehnung des Bundeswehr-Einsatzes in Afghanistan durch die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche, Margot Käßmann, stößt insbesondere bei Politikern der Union auf Ablehnung. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) etwa erinnerte die Bischöfin daran, dass die deutschen Soldaten im Auftrag der UNO kämpften. Diese internationale Zusammenarbeit aufzukündigen, »wäre mit meinem Verständnis von globaler Verantwortung nicht vereinbar«, sagte er. Käßmann hatte im Neujahrsgottesdienst ein Ende des Afghanistan-Einsatzes sowie »mehr Fantasie für den Frieden, für ganz andere Formen, Konflikte zu bewältigen«, gefordert.
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