Verhöhnung

  • Gabriele Oertel
  • Lesedauer: 2 Min.

Lange Zeit schien der Bund der Vertriebenen zu einer Ansammlung Getriebener geworden zu sein. Der FDP-Außenminister erklärte ein ums andere Mal sein Nein zu Erika Steinbachs Ambitionen für den Stiftungsrat. Die CSU geiferte wie gewöhnlich. Die Kanzlerin schwankte mal wieder wie ein Halm im Wind. Aber die Vertriebenen-Chefin erwies sich inmitten des Gezerres von großer Umtriebigkeit. Ihre ultimativen Forderungen nach mehr Einfluss für die Ihren und Autonomie gegenüber der Bundesregierung als Gegenleistung für den persönlichen Rückzug sind alles andere als ein Kompromissvorschlag im üblichen hiesigen Polittheater. Und für die polnischen Nachbarn die nächste Steigerungsstufe im ohnehin schon beschämenden zehnjährigen Poker um Verhöhnung statt Versöhnung.

Auch wenn die Union jubelt und Westerwelle Prüfung zusagt – dieser Regierung kann der Erpressungsversuch nicht entgangen sein. Aber anders als bei ihrem ersten Gesetz, als sie den Drohungen der Länderchefs erlag, würde sie diesmal nicht nur ihren Ruf in deutschen Provinzen riskieren. Geht Schwarz-Gelb auf Steinbachs Bedingungen ein, ist Merkels und Westerwelles Ruf in Osteuropa hin. Steinbach hat das nicht nur billigend, sondern vorsätzlich in Kauf genommen. Das kann einer sich gern auf internationalem Parkett gerierenden Kanzlerin und einem ehrgeizigen Außenminister nicht egal sein. Wegen des eigenen Renommees – und wenn es ihnen tatsächlich um Versöhnung geht ...

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.