Vorsicht, Honig an Bord!
Flugsicherheit ist mal wieder Topthema der Medien – und da liest man skurrile Meldungen
Der Nigerianer Umar Farouk Abdulmutallab ist wegen des versuchten Anschlags auf eine Passagiermaschine über der US-Stadt Detroit angeklagt worden. Eine Grand Jury entschied am Mittwoch, dass sich der 23-Jährige unter anderem wegen versuchten Mordes in 289 Fällen verantworten muss. Und uns erwartet mal wieder weitgehende Verdummung. Zu viele Details über Flug 253 werden der Öffentlichkeit vorenthalten.
Der Anti-Terrorkampf führt aber auch zu anderen Absurditäten, die man so glauben kann, aber nicht muss. Am 2. Januar haben slowakische Polizisten neun Flugpassagieren heimlich je 90 Gramm Plastiksprengstoff ins Gepäck gelegt, um zu testen, ob Spürhunde diese bei der Flughafenkontrolle finden. Bei acht Päckchen schlugen die Hunde an. Das neunte hat man »vergessen«. Als das auffiel, war die Maschine bereits klar zum Start nach Irland. Man ließ sie fliegen, informierte den Kapitän und versicherte, ohne Zünder könne nichts geschehen. Doch komisch, die Sicherheitsbehörden in Dublin blieben offenbar ahnungslos.
Unter durchaus ernst zu nehmenden Gefahrenmeldungen tauchen immer öfter skurrile Nachrichten auf. Fünf Flaschen mit Honig beispielsweise haben am Flughafen im kalifornischen Bakersfield Terroralarm ausgelöst. Der Flugbetrieb war stundenlang lahmgelegt. »Schuld« hatte ein Gärtner aus Milwaukee, der nicht bedacht hatte, dass die Scanner nicht darauf programmiert sind, einen Unterschied zwischen dem Bienenprodukt und flüssigem Sprengstoff zu machen.
Diese Woche musste eine US-Maschine der Hawaiian Air umkehren, weil sich mal wieder ein Passagier »auffällig« verhielt, teilte das Nordamerikanische Luftabwehrkommando (NORAD) mit. Was bei den Anschlägen am 11. September 2001 nicht klappte, nun funktionierte es: Zwei Kampfjets eskortierten die Maschine bis zur sicheren Landung.
Auch »Witzbolde« sind eine Gefahr für den Luftverkehr. Ein Polizist aus Baden-Württemberg sowie seine ganze Familie sind erst einen Tag verspätet in den Urlaub geflogen, weil der 42-jährige Familienvater am Stuttgarter Flughafen Terror-Angst verbreitete. Bei der Kontrolle hat er geflaxt, in seiner Unterhose sei Sprengstoff eingenäht ... Nun wird gegen ihn strafrechtlich ermittelt.
Bisweilen sind Alarmierungen auch nur routinemäßiger Schlamperei geschuldet. So wurde erst nach und nach bekannt, dass, dass die Panne am Flughafen Newark größer als ursprünglich angenommen war: Am Sonntag war ein Unbekannter durch einen Ausgang in falscher Richtung in den Sicherheitsbereich gelangt. Doch weil die Kamerabilder von der Sicherheitsschleuse nicht aufgezeichnet wurden, ließ sich der Eindringling nicht identifizieren.
Während weltweit über den Einsatz von Nacktscannern, die plötzlich nur noch Körperscanner genannt werden, debattiert wird, vernachlässigt man andere Themen bewusst. So erfährt man von Zuständigen nur unter der Hand, dass für die Flüge deutscher Airlines noch immer nicht genügend Sicherheitsbegleiter, sogenannte Air-Marshals, bereitstehen. Minus 1000, so lauten interne Aussagen. Doch das ist nicht Mainstream-Thema. Die Bundespolizei spricht lieber über Personenscanner und will im ersten oder zweiten Quartal dieses Jahres Zwischenergebnisse entsprechender Tests vorlegen.
Dabei gibt es eine ganze Palette anderer Maßnahmen, die denkbar, doch auch mit höherem Personalaufwand verbunden sind. Stichwort Profiler. In TV-Serien zeigt man uns, wie effektiv psychologisch top-ausgebildete Beamte traditionelle Polizeiarbeit unterstützen können. Auf israelischen Airports sind sie tätig und die El-Al- Flugzeuge seit Jahren schon sicher. Komisch, dass in diesen Tagen niemand mehr – wie vor einigen Wochen – protestiert, wenn israelische Profiler auf deutschen Airports Passagiere und Begleiter befragen ...
Ohne die Terrorgefahr zu verharmlosen und ohne jene zu bevormunden, die für die unmittelbare Sicherheit des Flugverkehrs verantwortlich sind – man muss einfach folgende Realitäten zur Kenntnis nehmen. Auch ohne Terroristen-Zutun kamen erstmals seit drei Jahren weltweit wieder mehr Menschen bei »normalen« Flugzeugunglücken ums Leben. 2009 starben 766 Menschen, 2008 waren es noch 598. 2007 verunglückten 751 Passagiere und Besatzungsmitglieder tödlich, 2006 waren es 876. Damit wurde der in den vergangenen Jahren positive Trend im Unfallgeschehen vorerst gestoppt.
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