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Zypern-Marathon mit Hindernissen

Vereinigungsgespräche in kritischer Phase

  • Christiane Sternberg, Nikosia
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Führer der türkisch-zyprischen und der griechisch-zyprischen Volksgruppe beraten ab heute über die entscheidenden Felder einer Wiedervereinigung. Beiden Politikern sitzen jedoch die Wähler im Nacken.

Der Altpräsident verschwand am 11. Dezember. Als einzige Spur von Tassos Papadopoulos blieb ein leerer Sarg. Grabräuber hatten seine Gebeine entführt. Hartnäckig hält sich im Süden Zyperns das Gerücht, Türken hätten die Symbolfigur der griechisch-zyprischen Nationalisten beiseite geschafft.

Für die laufenden Vereinigungsgespräche in Zypern erscheint dieser makabre Diebstahl wie ein böses Omen. Der griechisch-zyprische Präsident Dimitris Christofias rief seine Mitbürger zur Besonnenheit auf. Er braucht die Rückendeckung der Öffentlichkeit und der Parteien, wenn ab heute die Gespräche mit seinem türkisch-zyprischen Gegenüber Mehmet Ali Talat in eine intensive Phase treten. Erstmals seit Beginn ihrer Verhandlungen im September 2008 treffen sich die Führer der beiden Volksgruppen zu einem solchen Beratungsmarathon, der vom 11. bis 13. und vom 25. bis 27. Januar abgehalten wird.

Aber die Bevölkerung ist skeptisch. Insgesamt 61 Prozent der griechischen und 58 Prozent der türkischen Zyprer glauben nicht, dass die Gipfelgespräche gute Ergebnisse bringen. Dabei stimmte die Personalkonstellation hoffnungsvoll, als die Verhandlungen vor 16 Monaten begannen. Der damals neu gewählte griechisch-zyprische Präsident Dimitris Christofias aus dem reformkommunistischen Lager der AKEL und der progressive Führer der Zyperntürken, Mehmet Ali Talat, sind Jugendfreunde und politisch auf eine Wiedervereinigung der seit 36 Jahren geteilten Insel orientiert. Doch auch sie haben es bisher nicht geschafft, die wesentlichen Streitknoten zu lösen.

Für die türkisch-zyprische Verhandlungsseite, angeleitet aus Ankara, ist der Abzug des türkischen Militärs aus Nordzypern ein Tabu. Ebenso die Rücksendung tausender eingebürgerter anatolischer Siedler in die Türkei. Die Zyperngriechen hingegen streben die uneingeschränkte Beendigung der türkischen Okkupation an.

Eine weitere Crux ist der Umgang mit den Grundstücken im türkisch-zyprischen Norden, die einst Zyperngriechen gehörten. Diese fordern ihr Eigentum zurück, das sie beim Einmarsch der türkischen Armee 1974 zurücklassen mussten. Die Zyperntürken bevorzugen das Prinzip der Entschädigung. Sie fürchten, bei Rückkehr der vormaligen Bewohner wieder in eine Minderheitenrolle gedrängt zu werden.

Der kleinste gemeinsame Nenner für ein vereintes Zypern ist bisher die Schaffung einer bizonalen, bikommunalen und föderalen Republik. Ein theoretisches Konstrukt, dessen Regelwerk noch genau definiert werden muss. Deshalb stehen auf der Tagesordnung der Mammutverhandlungen die Themen Staatsführung und Machtverteilung, Wirtschaft, EU-Angelegenheiten und Eigentumsfragen.

Christofias und Talat versuchen, vor der Präsidentenwahl in Nordzypern noch so viele Schäfchen wie möglich ins Trockene zu bringen. Laut Umfragen hat Talat wenig Chancen, im April wiedergewählt zu werden. Das könnte den Friedensprozess erneut ins Stocken bringen, denn Talats Kontrahent und potenzieller Nachfolger Dervis Eroglu gilt als unnachgiebiger Verfechter der türkisch-zyprischen Positionen.

Indes wächst im Süden des Landes die Kritik an der Verhandlungsführung des kompromissbereiten AKEL-Mannes Christofias. Die Regierungskoalition mit der DIKO, Hort der nationalistischen Ideen ihres ehemaligen Vorsitzenden Papadopoulos, brach im Dezember darüber fast auseinander. Auch die Kirche schlägt sich auf die Seite der Nein-Sager. In seiner Weihnachtsbotschaft prophezeite Erzbischof Chrisostomos II, der zu erwartende Einigungsplan werde schlimmer als jener, der 2004 von den griechischen Zyprern »zu Recht« abgelehnt wurde.

Und nun schwebt auch noch der Geist des Expräsidenten über den Verhandlungen. Bisher ist sein Leichnam noch nicht wieder aufgetaucht, die Hintergründe des Verbrechens liegen nach wie vor im Dunkeln. Aber sein politisches Testament, das griechisch-zyprische Heimatland nicht mit einem kompromissgetränkten Vertrag aufs Spiel zu setzen, wird von Nationalisten mit Bedacht wiederbelebt.

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