Bundesgerichtshof: Internet – kein Wertersatz per Mausklick
Verbraucher
Klick, gekauft. Mit der Computermaus kann man sich die Warenwelt ins Haus holen. Und ist ein Kauf nun doch nicht das, was er auf dem Bildschirm versprach, können der Videorekorder, die Kaffeemaschine oder das Paar Schuhe ja einfach zurückgeschickt werden. Weil aber nicht alle Produkte in einwandfreiem Zustand wieder beim Händler landen, haben einige Händler einen sogenannten Wertersatz eingeführt. Ist die Ware leicht beschädigt oder schon nachweislich benutzt, kann ein Teil der Kosten auf den Kunden abgewälzt werden.
Kann? Nein, konnte. Denn der Bundesgerichtshof hat diesen Wertersatz der Onlinehändler nun unter bestimmten Voraussetzungen für unwirksam erklärt. Bis zu einem neuen Gesetz geht eine Rückgabe also nicht zulasten des Käufers, auch nicht zum Teil.
Knackpunkt ist vor allem die Form, in der ein Käufer belehrt wird, dass er bei zurückgegebenen Waren zur Kasse gebeten werden kann. Bislang wird das beim Online-Marktplatz Ebay noch per Mausklick gemacht und zwar nach dem Abschluss des Vertrags.
Die Karlsruher Richter haben nun entschieden, dass ein Verbraucher einen Wertersatz nur dann zu zahlen hat, wenn er »spätestens bei Vertragsschluss in Textform« auf diese drohenden Kosten sowie auf »eine Möglichkeit hingewiesen worden ist, sie zu vermeiden«. Das Problem der Online-Händler: Vor Vertragsschluss kennen sie den Namen des Käufers noch gar nicht. Somit bleibt ein Online-Kunde besonders geschützt, denn ein Rückgaberecht wie im Netz gewährt ihm ein reales Geschäft nur aus Kulanz.
Weil der vom BGH geforderte rechtzeitige Hinweis »in Textform« bei Ebay und anderen aus technischen Gründen nicht möglich ist, kann ein Wertersatz zunächst auch nicht gefordert werden. Ein Online-Käufer hat also das Recht, bei Ebay in den vier Wochen nach dem Kauf ein Produkt wieder zurückzuschicken. Voraussetzung: Der Videorekorder, das Paar Schuhe oder auch die Kaffeemaschine wurden nur so genutzt, wie vorgesehen. Demnach dürften beispielsweise zerkratzte Schuhsohlen bei der Rückgabe kein Problem sein, erklärte ein BGH-Sprecher das Urteil des VIII. Zivilsenats (VIII ZR 219/08).
Bei einem Satz Winterreifen, der ausgerechnet im Dezember benutzt und nach drei Wochen zurückgeschickt wird, dürfte das allerdings anders aussehen. In einem solchen Fall habe der Händler nach wie vor das Recht, einen Missbrauch anzuzeigen.
Überhaupt sieht Ebay das BGH-Urteil vergleichsweise gelassen. Die Bedürfnisse von Händlern und Verbrauchern sollten zwar gleichermaßen berücksichtigt werden, teilte das Unternehmen in Berlin mit. Auch sei das Widerrufsrecht bei Internetkäufen ein wichtiger Schutz für die Verbraucher. »Gleichzeitig muss es mit Blick auf die Händler jedoch auch effiziente Schutzmöglichkeiten vor einem Missbrauch des Widerrufsrechts geben«.
Die Problematik eines möglichen Wertersatzes stellt sich laut Ebay allerdings nur, bis im Sommer ein bereits verabschiedetes Gesetz in Kraft tritt: »Ab 11. Juni 2010 wird eine Belehrung, die unmittelbar nach Vertragsschluss erfolgt, mit einer Belehrung vor Vertragsschluss gleichgestellt«, sagte ein Sprecher. Nach Abschluss eines Vertrags könnten Händler also problemlos eine E-Mail an ihre Käufer senden, denn dann sei ja auch dessen Name bekannt – »und eine E-Mail erfüllt die Erfordernis der Textform«.
Allerdings dürfte der Wertersatz den Gesetzgeber auch weiterhin einige Zeit beschäftigen: Die europäische Justiz widerspricht der deutschen Auffassung und sieht den Wertersatz in allgemeiner Form gar nicht vor.
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