Atomkonzerne machen Druck
Erste Gespräche mit Schwarz-Gelb über Details der gewünschten Laufzeitverlängerung
Innerhalb der CDU-FDP-Koalition gibt es Differenzen über die geplante Laufzeitverlängerung für Atommeiler. Dies wurde vor dem gestrigen Treffen mit den Energiekonzernen deutlich. Umstritten ist, um welche Verlängerungsfristen es geht und ob alle 17 AKW betroffen sind. Des Weiteren wird gestritten über die Höhe der Abschöpfung der Extraprofite für die Betreiber, die nach Berechnungen des Öko-Instituts allein zwischen 2011 und 2020 jährlich drei bis vier Milliarden Euro betragen würden. Dem Wahlvolk soll die extrem unpopuläre Entscheidung damit schmackhaft gemacht werden, dass staatliche Zusatzeinnahmen dem Ausbau der erneuerbaren Energien dienen sollen.
Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) will eine besonders großzügige Regelung zugunsten der Konzerne und möchte diesen etwa die Hälfte der Zusatzgewinne lassen. Außerdem forderte er am Donnerstag eine möglichst rasche Einigung noch in der ersten Jahreshälfte. Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) will dagegen die Laufzeitverlängerung erst im Rahmen eines für den Herbst geplanten Energiekonzeptes regeln und eine Verlängerung »nur« um vier bis acht Jahre. Der CSU-Umweltpolitiker Josef Göppel forderte jetzt, jeden Reaktor »vorher auf Herz und Nieren« zu prüfen und plädierte für Einzelfallentscheidungen.
Die Regierung versuchte, die Bedeutung des Treffens herunterzuspielen. Es handle sich um eine Routinesitzung einer Monitoring-Gruppe, die nur technische Einzelfragen im Rahmen des Atomkonsenses zu klären habe, sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm in Berlin. Von Seiten der Regierung sollten daran Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU) und Staatssekretäre aus dem Umwelt- und Wirtschaftsministerium teilnehmen.
Auf der Tagesordnung stand aber doch ein Punkt, der für die Laufzeitverlängerung von großer Bedeutung ist. Die Konzerne RWE und EnBW, welche die nach gültiger Rechtslage in den kommenden Monaten anstehende Stilllegung ihrer Uraltmeiler Biblis A und Neckarwestheim 1 vermeiden wollen, machen Druck. Sie erhoffen sich von der Bundesregierung rasch eine Übergangslösung, welche Umweltminister Röttgen – anders als Kollege Brüderle – aber vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im Mai ausschließt. Die beantragte Übertragung der Reststrommengen von länger laufenden AKW war 2008 vom damaligen Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) aus Sicherheitsgründen abgelehnt worden.
Die Umweltverbände übten heftige Kritik an den Regierungsplänen. »Die Bundesregierung riskiert nicht nur den nächsten Atommüll-Gau, wie wir ihn gerade in der Asse erleben. Sie arbeitet auch an ihrem nächsten Image-Gau als billige Kumpanin für Großkonzerne«, schimpfte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. Greenpeace-Experte Heinz Smital warf Angela Merkel vor, die Sicherheit der Bevölkerung zu verkaufen, um versprochene Steuergeschenke zu finanzieren. Ein zukunftsweisendes Energiekonzept lasse sich »nicht auf die gefährliche und umstrittene Laufzeitverlängerung für veraltete Atomkraftwerke stützen«. Der Verband kommunaler Unternehmen warnte vor einer »Machtkonzentration« bei großen Kraftwerksbetreibern und einer »eklatanten« Benachteiligung kleiner Stadtwerke.
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