EU will Polizisten nach Haiti schicken
Plan derzeit umstritten / Forderung nach Schuldenerlass vor Konferenz von Geberländern
Brüssel/Port-au-Prince (Agenturen/ND). Die EU-Außenminister gaben trotz der Bedenken einiger Länder ihre Zustimmung für eine Polizei-Mission in Haiti. »Ich bin nicht sicher, ob das der zwangsläufig richtige Weg ist«, sagte der britische Europaminister Chris Bryant. Großbritannien sehe keine Notwendigkeit, Militärpolizei in das Katastrophengebiet zu schicken, da bereits 10 000 US-Soldaten vor Ort seien, hieß es.
Auch Deutschland will sich vorerst nicht beteiligen, wie Bundesaußenminister Guido Westerwelle in Brüssel sagte. Er verwies auf die Zuständigkeit der Bundesländer beim Katastrophenschutz.
Nach Angaben des spanischen Außenministers Miguel Angel Moratinos, dessen Land die EU-Ratspräsidentschaft innehat, haben sich bisher sechs EU-Staaten bereit erklärt, Beamte für die Mission zu stellen. Frankreich und Italien wollen nach Diplomatenangaben jeweils rund 100 Polizisten für den Einsatz abstellen, die Niederlande weitere 50. Aus Spanien sollen zwischen 20 und 40 weitere hinzukommen. Auch Portugal und Rumänien wollen einen Beitrag leisten.
Vor dem Haiti-Krisentreffen im kanadischen Montréal verlangten die Hilfsorganisation Oxfam und der Weltkirchenrat einen Schuldenerlass für den verarmten Karibikstaat. »Zu erwarten, dass Haiti Millionen Dollar zurückzahlt, während das Land kämpft, um eine der schlimmsten Naturkatastrophen der jüngsten Vergangenheit zu überwinden, wäre grausam und unnötig«, erklärte der Oxfam-Generaldirektor Jeremy Hobbs. Sollten die Schulden nicht »unverzüglich und bedingungslos« erlassen werden, sei dies »moralisch nicht haltbar«, teilte der Generalsekretär des Weltkirchenrates, Olav Fykse Tveit, mit. In Montréal trafen sich am Montag die Vertreter mehrerer Geberländer zu Beratungen über die Lage in Haiti.
Nach offiziellen Angaben wurden nach dem Erdbeben 112 250 Tote sowie 194 000 Verletzte gezählt. Die Zahl der Menschen, die im Raum Port-au-Prince in Notunterkünften leben, liegt bei etwa 800 000. Von 115 Ausgabestellen in der Hauptstadt werden etwa 235 000 Menschen mit Trinkwasser versorgt. Ebenso viel haben Port-au-Prince bereits verlassen.
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