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Duell in Kaiserslautern: Karstadt gegen K-Stadt

Kaufhauskonzern torpediert Bestrebungen, ein vor der Schließung befindliches Warenhaus unter Mitarbeiterbeteiligung weiterzuführen

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 3 Min.
Karstadt will seine Filiale in Kaiserslautern schließen. Die Belegschaft will die Arbeitsplätze retten und plant, das Kaufhaus in Eigenregie weiterzuführen – was dem Konzern offenkundig missfällt.

Der Konflikt um die Weiterführung der bisherigen Karstadt-Filiale im pfälzischen Kaiserslautern durch die Belegschaft spitzt sich zu. Gegen die Suspendierung ihres Chefs wollen sich die Beschäftigten zur Wehr setzen. Letzte Woche hatten die Karstadt-Konzernlenker den Kaiserslauterer Filialleiter Michael Sauter »freigestellt«

Viel spricht dafür, dass die Konzernspitze damit weiter Öl ins Feuer gegossen hat. Die Beschäftigten des Kaufhauses erblickten darin einen »Fehdehandschuh«, den sie umgehend aufgriffen und mit »Dienst nach Vorschrift« und einer »Politik der kleinen Nadelstiche« drohten. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di sprach von einer »Kriegserklärung«.

Hintergrund des Konflikts ist die geplante Schließung des Kaufhauses zum 31. März. Letzter Verkaufstag soll am 17. März sein. Die verbliebenen 160 Beschäftigten sollen sechs Monate in eine Transfer-Beschäftigungsgesellschaft gehen. Um ihre Arbeitsplätze längerfristig zu retten, hatte die Belegschaft zusammen mit Sauter Pläne entwickelt, um nach dem Rückzug von Karstadt ab Mitte Oktober 2010 an Ort und Stelle in eigener Trägerschaft ein neues Warenhaus »K-Stadt« zu betreiben. Dazu soll eine neue Gesellschaft unter Mitarbeiterbeteilung entstehen.

Betriebsratschef Hermann Heinrich ist überzeugt, dass dieses Projekt eine Zukunft hat: »Wir sind Profis. Wir wollen endlich die Chance haben, alle die Fehler zu vermeiden, die wir seit Jahren machtlos mit ansehen mussten.« K-Stadt solle kein »Ein-Euro-Laden mit Dumpinglöhnen« werden, sondern »ein solides Unternehmen mit Ware in guter Qualität und anständigen Arbeitsbedingungen«, mit Betriebsrat und Tarifbindung.

Um nach dem Rückzug von Karstadt den Neustart für das einzige noch bestehende Vollsortiment-Warenhaus zwischen Mannheim, Mainz und Saarbrücken abzusichern, arbeiten Fachleute der DGB-Technologieberatungsstelle (TBS) an einem soliden Fundament für das Projekt. Ohne ein solches Kaufhaus werde die City zur innerstädtischen Wüste von Ein-Euro-Läden und Handyshops, befürchten viele Kaiserslauterer. Die TBS hat Erfahrungen mit der Weiterführung von aufgegebenen Betrieben. Betriebsrat und Gewerkschaft werben seit Wochen bei Politik und Banken um Unterstützung.

Offenbar hat Sauter mit seinem Engagement für eine Fortführung des Betriebs in den Augen der Konzernspitze eine zu große Nähe zu Belegschaft und Gewerkschaft, vermuten Beobachter. »Diese Bankrotteure können es nicht ertragen, dass der Standort, den sie aufgegeben haben, sich als profitabel erweisen könnte«, mutmaßt der rheinland-pfälzische ver.di- Landesleiter Uwe Klemens.

Als »Schlag ins Gesicht der Belegschaft und Zeichen unglaublicher Ignoranz gegenüber den Beschäftigten« kritisierte auch der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) die »Freistellung« Sauters. Der gechasste Geschäftsführer habe mit seinem Engagement für die Umsetzung eines Warenhauskonzepts dazu beigetragen, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine Beschäftigungsperspektive zu eröffnen. Die Sorge um das Wohl der Belegschaft gehöre zu den Kernaufgaben eines Geschäftsführers. Aufgrund seiner Erfahrung werde Sauter als kompetenter Ansprechpartner vor Ort gebraucht, um ein Warenhaus-Konzept umzusetzen, das für Karstadt selbst keine Konkurrenz mehr darstelle. Für den Kaiserslauterer Abgeordneten der Linkspartei, Alexander Ulrich, geht es darum, zu verhindern, »dass die Karstadt-Beschäftigten zu Spekulationsopfern ihres Managements und der internationalen Immobilien-Heuschrecken gemacht werden.«

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