Polens Linke in angebrannter Sauce

Gedenktreffen früherer SLD-Prominenz

  • Julian Bartosz,Wroclaw
  • Lesedauer: 3 Min.

Nichts im politischen Geschehen Polens scheint derzeit so mies zu sein wie die Aussichten der etablierten Linken in Gestalt des Bündnisses der Demokratischen Linken (SLD) auf einen sichtbaren Aufbruch zu besseren Zeiten.

Zwar stellt sich die Situation der regierenden Bürgerplattform (PO) infolge zahlreicher Affären auch nicht gerade glänzend dar, doch sie bleibt in der Gunst der potenziellen Wählerschaft mit Abstand die »führende Kraft« in Polen. Letzte Woche verkündete Ministerpräsident Donald Tusk seinen Verzicht auf eine Kandidatur bei den Präsidentenwahlen im Herbst: Er wolle lieber als Premier »reale Macht« behalten und das Land »grundsätzlich« – durch scharfe Sparmaßnahmen – reformieren.

Trotz aller Versuche, die Wut der Polen auf die Regierenden zu lenken, bleibt die Kaczynski-Konkurrenz (Lech als Staatspräsident und Jaroslaw als Chef der Partei Recht und Gerechtigkeit) auf Position zwei festgenagelt und wird ihre mit immerwährendem »Siegeswillen« verbrämte Katerstimmung nicht los. Aber im Machtkampf ist sie weiterhin ein realer Faktor.

Vor diesem Hintergrund bietet das Bündnis der Demokratischen Linken (SLD) den Stoff für ein Trauerspiel. Es will, wie immer, die »ganze Linke vereinen«, schmort aber in angebrannter Sauce. Am Sonntag kamen zu einem »freundlich-gesellschaftlichen« Treffen alle ehemaligen Größen der etablierten Linken zusammen. Parteichef Grzegorz Napieralski lud Altpräsident Aleksander Kwasniewski, die ehemaligen Regierungschefs Jozef Oleksy, Leszek Miller und Wlodzimierz Cimoszewicz sowie weitere prominente Mitglieder früherer Parteiführungsgremien ein, um ein Ereignis zu feiern, das vor genau 20 Jahren stattfand.

Der Anlass war der »Ausmarsch der Fahne der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei« aus dem Kongresssaal. Ende Januar des Jahres 1990 hatten sich 1633 Delegierte des letzten Parteitags der PVAP als 42 Jahre lang »führende Kraft« aus der Geschichte abgemeldet. Der Auflösung der Partei folgte noch in derselben Nacht die Gründung der Sozialdemokratie der Republik Polen (SdRP). Zbigniew Siemiatkowski, später Minister in der Regierung Leszek Millers, fand dazu einen schönen Spruch: »Der Kongresssaal war damals die größte Färberei in der Welt: Fast 2000 ›Rote‹ gingen hinein, heraus kamen 2000 Sozialdemokraten.«

Nun, so viele ließen sich nicht rosarot färben. Der SdRP traten damals etwa 20 000 ehemalige PVAP-Mitglieder bei. Im Juli 1991 verwandelte sich die neue Partei in eine SLD genannte Konföderation mit 34 Gliedern, die acht Jahre später – nachdem das Bündnis gemeinsam mit der Bauernpartei PSL fast vier Jahre lang regiert hatte – den Anspruch auf die Alleinvertretung der Linken vertrat. Alle »undisziplinierten und radikalen Kräfte«, darunter eine kleine KP, wurden weggespült.

Zweimal (1994-1997 mit Oleksy und Cimoszewicz und 2001-2004 unter Miller) verspielte das SLD mit seiner neoliberalen Politik und außenpolitischer USA-Treue die Regierungsmacht. Es spaltete sich, wechselte seine Führungen aus und lässt nun erkennen, dass es alle Abtrünnigen wieder umarmen will. So geht es mit Jerzy Szmajdzinski, Millers ehemaligem Verteidigungsminister, jetzt Vizemarschall des Sejms, in die kommende Präsidentschaftswahl.

Von einer Chance, die sich ihm bietet, will das SLD überhaupt nichts wissen. Sich zu Fehlern zu bekennen, darunter die Teilnahme an der »Koalition der Willigen« im Irakkrieg und am Afghanistanabenteuer, kommt nicht in Frage. Täte es das, so darf angenommen werden, könnte das SLD in Umfragen nicht auf 6 bis 10, sondern vielleicht auf über 30 Prozent kommen und nächstes Jahr als zweitgrößte Partei in den Sejm einziehen. Doch Polens offizielle Linke bleibt »patriotisch und verantwortungsbewusst«.

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