Das Grüne Herz schlägt gegen Privatisierung
Thüringer Waldarbeiter wollen nicht ausgelagert werden
Als der Hauptpersonalrat Forst, die Interessenvertretung der Waldarbeiter und Forst-Verwaltungskräfte bei ThüringenForst, vorletzte Woche von Plänen zur Umstrukturierung seines Bereichs erfuhr, schrillten die Alarmglocken. Er plane eine Ausgliederung von über 800 Waldarbeitern, Ingenieuren und Technikern in eine privatrechtliche GmbH, ließ der Erfurter Agrarstaatssekretär Roland Richwien (CDU) die Personalräte wissen. ThüringenForst ist Bestandteil der Landesverwaltung.
Nach einer ersten Schockstarre schritten die Gewerkschafter zur Tat. Die Gewerkschaft IG BAU trommelte die ehrenamtlichen Vorstände der Fachgruppen Forst- wirtschaft zu einer Beratung mit der Landesvertretung der Beamten und Angestellten zusammen. Dabei wurden Aktivitäten geplant. Binnen weniger Tage fanden landesweit mit Unterstützung des Hauptpersonalrats außerordentliche Personalversammlungen statt. Die Wut wuchs, weil den Arbeitern schnell klar wurde, dass ein Übergang in eine GmbH nur die Vorstufe einer materiellen Privatisierung ist und dabei viele Arbeitsplätze, tarifliche Absicherungen und Arbeitnehmerrechte gefährdet sind.
Die Gewerkschafter sehen Parallelen zur Privatisierung der Thüringer Straßenmeistereien durch die frühere CDU-Alleinregierung, bei der Hunderte von Arbeitsplätzen zerstört wurden. Das »Pilotprojekt« machte die Straßenwärter zu Beschäftigten der privatrechtlichen Thüringer Straßenwartungs- und Instandhaltungs-GmbH, die noch in Landeseigentum 300 Arbeitsplätze abbaute, somit im neoliberalen Neusprech »fit für den Markt« wurde und schließlich 2002 an einen privaten Baukonzern veräußert wurde. Federführend als Wirtschafts-Staatssekretär war schon damals CDU-Mann Richwien. »Das mit der Privatisierung des Straßenbetriebsdienstes verfolgte Ziel einer nachhaltigen Kostensenkung wurde bisher verfehlt«, moniert der Thüringer Landesrechnungshof: »Die Ausgaben für den Winterdienst auf den Landesstraßen haben sich seit der Winterperiode 2001/2002 mehr als verdoppelt.«
Dieses warnende Beispiel vor Augen, zogen Mitte letzter Woche über 700 Waldarbeiter, Angestellte und Beamte vor den Erfurter Landtag und folgten damit einem Aufruf von IG BAU und Beamtenbund. Motorsägen sorgten für eine ohrenbetäubende Geräuschkulisse. »Privatisiert den Staatssekretär«, hatte sich eine Demonstrantin auf ihr Pappschild geschrieben. »Herr Richwien, überlassen Sie das Sägen den Profis«, hieß es auf einem Transparent.
Das Land werde Eigentümer der GmbH bleiben, beteuerte Landwirtschaftsminister Jürgen Reinholz (CDU) vor den Demonstranten. »Aber so richtig hat ihm das keiner geglaubt«, beschreibt ein Bericht der IG BAU die Stimmung der Demonstranten. Vor einer »sinnlosen Privatisierung« warnte auch Oppositionsführer Bodo Ramelow (Linkspartei). Die staatlichen Forstämter müssten mit den Waldarbeitern und mit den Walderträgen zusammenbleiben. Die Zerstörung dieser Einheit begriffen die Waldarbeiter zu Recht als existenzielle Bedrohung, so Ramelow. Auch der SPD-Abgeordnete und Gewerkschafter Frank Weber sagte den Forstleuten zu, »dass es mit der SPD keine Privatisierung und keinen Stellenabbau geben wird.«
Für die mit der CDU regierenden Sozialdemokraten kommt nun die Stunde der Wahrheit. Sie müssen unter Beweis stellen, ob sie in Erfurt wirklich auf Augenhöhe mitbestimmen und Richwiens Privatisierungswut ausbremsen können. »Sonst stehen wir wieder auf der Matte«, droht IG-BAU-Sekretär Frieder Neudeck auf ND-Anfrage. Er ist zuversichtlich, dass die Waldarbeiter mit ihrem Anliegen auch in der Öffentlichkeit Zuspruch finden. Schließlich sei eine nachhaltige Bewirtschaftung in öffentlicher Hand für den Wald als Erholungsraum, Wasserspeicher und Garant für ein ausgeglichenes Klima unentbehrlich.
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