Der Moralist

Antonio di Pietro will Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi schlagen.

  • Anna Maldini, Rom
  • Lesedauer: 2 Min.

Ein Bauernsohn, der erst Polizist, dann Staatsanwalt, schließlich Minister und Gründer einer Partei mit dem anspruchsvollen Namen »Italien der Werte« wurde. Die wählte ihn am Wochenende per Akklamation zu ihrem Präsidenten. Das ist in kurzen Worten der Werdegang Antonio Di Pietros, Jahrgang 1950.

»Tonino«, wie er von Freunden und Anhängern genannt wird, ist sich trotz der etwas »schrägen« Biografie immer treu geblieben. Er spricht weiterhin wie ein Bauernjunge aus Süditalien, hasst politische Phrasen und benutzt stattdessen gerne Sprichworte aus seinem Heimatort. Und er liebt es, in der Öffentlichkeit zu stehen. Schon als er Anfang der 90er als Staatsanwalt in Mailand an den wichtigsten Korruptionsprozessen teilnahm, wurde er schnell zur Symbolfigur der Gruppe von Richtern, die mit ihren Untersuchungen die Ära der »Sauberen Hände« einleiteten und zum Zusammenbruch eines ganzen politischen Systems beitrugen.

Er polarisiert: Für die einen ist er ein Held, der die Politik moralisieren will und kann. Für die anderen ein als Staatsanwalt verkleideter Henker, dem es Spaß macht, die Angeklagten über den Tisch zu ziehen. Und ein skrupelloser Politiker, dem jedes Mittel recht ist, um sein Ziel zu erreichen.

1994 hängte er seinen Beruf als Staatsanwalt an den Nagel. Gerüchte kursierten, er habe von einem Unternehmer Geld genommen (Di Pietro wurde jedoch in allen Prozessen freigesprochen). In der Politik glaubte er mehr für die Moralisierung seines Landes tun zu können. Zwei Mal wurde er unter Romano Prodi Minister. Aber in eine politische Formation ließ er sich nie einbinden. Vor zwölf Jahren gründete er seine Partei »Italia dei Valori«, die bei den jüngsten Parlamentswahlen 4,4 Prozent und bei den EU-Wahlen 2009 sogar 8 Prozent der Stimmen erhielt.

Beim Parteitag am Wochenende kündigte Antonio Di Pietro eine neue Wende an: »Wir haben Widerstand, Widerstand und noch mal Widerstand geleistet. Jetzt sind wir bereit, Regierungsverantwortung zu übernehmen.« Sein wichtigster Programmpunkt: Silvio Berlusconi schlagen, den er für korrupt, unfähig, pseudofaschistisch und äußerst gefährlich hält. Und dafür sind ihm alle Verbündeten, von liberal bis ultralinks, recht.

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