»Airport-Sicherheit« abgeblasen
Privat geht vor Katastrophe – makaberes Motto auf deutschen Flughäfen
Unlängst löste ein Passagier mit seinem Laptop am Münchner Flughafen Sprengstoffalarm aus. Der Flugverkehr am Terminal 2 ruhte, 2000 Fluggäste blieben hängen, hundert Flüge gingen verspätet raus. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) erklärt den – wie sich später herausstellte – blinden Alarm zur Chefsache, die Gewerkschaft der Polizei (GdP) kritisiert die Sicherheitsmaßnahmen an allen Flughäfen.
Kurz darauf zeigten Experten vom Chaos-Computer-Club, wie leicht man elektronische Zugangssperren zum Sicherheitsbereich auf dem Hamburger Airport knacken kann. Die selben Systeme werden auch in Berlin-Tegel, Stuttgart, Dresden und Hannover verwandt. Das alles geschah, als die Debatte um den Einsatz von Nacktscannern, die inzwischen Körperscanner genannt werden, ihren Höhepunkt erreicht hatte.
Die Vorfälle, deren Liste sich mühelos erweitern lässt, zeigte, dass man statt über die Einführung von – in solchen Fällen sinnlosen – Nacktscannern besser über Alltagsprobleme auf deutschen Flughäfen nachdenken sollte. Das versuchten Jan Korte und andere Abgeordnete der Bundestags-Linksfraktion mit einer kleinen Anfrage. Die Antworten von de Mazières Sicherheitsstaatssekretär Klaus-Dieter Fritsche zeigen, dass diese Alltagsprobleme nach dem Ende der medialen Aufregung keineswegs mehr Chefsache sind.
Im Gegenteil. Entweder im Bundesinnenministerium hat sich Faulheit breit gemacht oder den »Experten« fehlen die Kenntnisse, um auf simple Fragen sachkundig zu antworten. Mehrmals verweisen sie auf die Zuständigkeit der Fachaufsicht, die – ausgenommen in Bayern – von der Bundespolizei ausgeübt werden muss. Und deren Fachaufsicht ist ohne Zweifel das Bundesministerium des Inneren.
Insgesamt findet man durch die Antworten jedoch bestätigt, wie richtig Forderungen der GdP sind. Der GdP-Fachmann für die Bundespolizei, Josef Scheuring, beispielsweise fordert eine generelle Überprüfung der Sicherheit auf deutschen Airports. Er verweist auf den Arbeitsstress, dem Luftsicherheitsassistenten unterliegen. Sie sind bei insgesamt sieben großen privaten Sicherheitsdienstleister angestellt, die die Personen- und Gepäckkontrolle im Auftrag der Bundespolizei abwickeln. Diese in den 90er Jahren vollzogenen Privatisierung gehört aufgehoben, verlangt Scheuring, soll nicht Privat vor Katastrophe gehen.
Offenkundig steht es nicht gut um die Ausbildung der Luftsicherheitsassistenten. In nur 160 Stunden werden geeignete Bewerber auf der Basis der europäischen Vorgaben und eines nationalen Musterlehrplanes geschult. Pro Jahr gibt es lediglich 40 Fortbildungsstunden. Die Hälfte davon ist für die Röntgenbildauswertung vorgesehen. So kann man sich ausrechnen, wie viel Raum für Psychologie und andere eigentlich grundlegende Kenntnisse bleibt.
Zweifelsohne werden Vorfälle mit den Beteiligten ausgewertet. Und wenn »schwer wiegende Zweifel an der fortbestehenden Befähigung« aufkommen, so kann die sogenannte Beleihung eines Luftsicherheitsassistenten aufgehoben werden. Klartext: Entlassung. So etwas widerfährt den großen Firmen, deren Kontrakte stets über sechs Jahre laufen und dann verlängert werden, nicht. Was immer sie verbocken. In den vergangenen zehn Jahren, so bestätigt das Innenministerium, hat es keine Vertragskündigungen gegeben.
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