Neuner verpasst Gold nur knapp
Die Biathletin feiert vier Tage nach ihrem 23. Geburtstag die Silbermedaille
Bei der Siegerehrung im Regen von Whistler hätte Magdalena Neuner beinahe geheult, später beim Essen erfüllte sich endlich auch noch der Wunsch nach einem Treffen mit den geliebten Eltern. »Wir haben Kaiserschmarrn gegessen. Außerdem gab es verspätete Geburtstagsgeschenke«, sagte die mit Silber im 7,5-km-Sprint dekorierte Biathletin aus dem bayerischen Wallgau vier Tage nach ihrem 23. Geburtstag. Und als ihre fast perfekte Olympiapremiere mit dem typischen Stress der ersten deutschen Medaillengewinnerin zu Ende war, hatte sie nur noch einen Wunsch: »Ab ins Bett. Dann kehrt Ruhe ein.«
Im stillen Kämmerlein wollte Neuner »die Medaille nochmal in der Hand halten und wirklich verstehen, was passiert ist.« Nach ihrem zweiten Platz im 7,5-Kilometer-Rennen sagte die bayerische Frohnatur: »Ich bin stolz auf mich. Das ist ein Traum.« Überraschungs-Olympiasiegerin wurde Anastasia Kuzmina. Die gebürtige Russin holte das erste Gold bei Winterspielen für die Slowakei überhaupt.
Nur 1,5 Sekunden fehlten Neuner zu Platz eins – »nicht sehr viel für das Verfolgungsrennen. Ich weiß, dass die Goldmedaille zum Greifen nahe ist«, sagte die sechsmalige Weltmeisterin vor dem zweiten Rennen am Dienstag. »Ich denke, dass meine Medaille einen ganz, ganz schönen Platz bekommt und hoffe, dass sie nicht ganz alleine sein muss, dass sie vielleicht einen Partner oder eine Partnerin bekommt in einer anderen Farbe.«
Während Neuner von weiteren Podestplätzen träumen darf, erlebten neben den hoch favorisierten Schwedinnen auch die übrigen Deutschen einen Fehlstart: Simone Hauswald (26.), Andrea Henkel (27.) und Kati Wilhelm (30.).
Neuner beschrieb ihre Gefühle bei der Siegerehrung mit einem Lächeln auf den Lippen: »Auf einmal bin ich dagestanden und habe diese Medaille in der Hand gehabt. Dann habe ich die Fahne gesehen, da habe ich gemerkt, davon habe ich wirklich geträumt, jahrelang, schon als Kind.« Und sie gab zu: »Ich habe mich bemüht, nicht loszuheulen.« Schließlich war ihr bewusst, dass sie gleich bei ihrem ersten Olympiaauftritt Großes geleistet hatte. »Mit einer Olympiamedaille wird man schon auch so ein bisschen zur Legende.«
Vor dem Start hatte sich Neuner mit klassischer Musik auf den Wettkampf eingestimmt. Ganz locker wippte sie von einem Bein auf das andere. Von Anspannung vor ihrem ersten Olympiawettkampf war bei ihr keine Spur. »Ich habe mir keinen Druck gemacht und keinen von außen an mich herangelassen«, verriet sie nach ihrem Erfolg, der auch Bundestrainer Uwe Müssiggang jubeln ließ. »Respekt, wenn man so etwas schon mit 23 Jahren kann«, sagte der 58-jährige Erfolgscoach, für den es die 21. Olympiamedaille war.
»Die Erleichterung ist riesig«, bekannte der Bundestrainer. »Man erwartet von uns immer, dass wir vorne dabei sind, doch das ist nicht so einfach. Dieses Resultat nimmt viel Druck vom Team.«
Für Neuner war es nach einer enttäuschenden vergangenen Saison und einigen gesundheitlichen Rückschlägen in diesem Winter auch eine große Genugtuung, die Rolle der Frontfrau im stark besetzten deutschen Team übernommen zu haben. »Das ist das Resultat harter Arbeit, vor allem im mentalen Bereich«, schilderte sie. In der Vergangenheit oft als »Fahrkarten-Königin« am Schießstand verspottet, leistete sich Neuner bei ihrer olympischen Premiere nur einen Fehlschuss.
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