Melder unter Münteferings Fußmatte
Auch Lafontaine und Seehofer bespitzelt
Hamburg (AFP/ND). Das Privatleben von Spitzenpolitikern ist nach einem Medienbericht zeitweise systematisch ausspioniert worden. Eine Berliner Foto- und Recherchefirma namens CMK habe seit Ende 2008 über Monate hinweg immer wieder den SPD-Politiker Franz Müntefering und seine heutige Frau Michelle Schumann beschattet, berichtete das Hamburger Magazin »Stern«. Anfang 2008 sei der Linkspartei-Vorsitzende Oskar Lafontaine ausgespäht worden, auch der heutige CSU-Parteichef Horst Seehofer sei ins Visier der Agentur geraten. Die Aufträge zu den fragwürdigen Recherchen kamen dem »Stern«-Bericht zufolge von der Zeitschrift »Bunte«. Deren Chefredakteurin Patricia Riekel räumte laut »Stern« ein, CMK mit Recherchen zum Privatleben der Politiker beauftragt zu haben. Über unlautere Methoden sei der Zeitschrift aber nichts bekannt, hob sie dem Magazin zufolge hervor.
Der »Stern« beruft sich in seinem Bericht auf interne Unterlagen der CMK sowie auf Aussagen ehemaliger Mitarbeiter der Firma. Im Fall des damaligen SPD-Vorsitzenden Müntefering hätten CMK-Leute über Monate dessen damaligen Wohnsitz in der Berliner Wilhelmstraße observiert, um Details über die Beziehung zu Michelle Schumann in Erfahrung zu bringen und heimlich Fotoaufnahmen zu machen. Die Methoden der CMK glichen dem Bericht zufolge denen von Privatermittlern. So sei zum Beispiel Schumanns Briefkasten manipuliert worden, zudem habe Münteferings Fußmatte mit einem Melder präpariert werden sollen. Der Bericht über Müntefering und seine neue Beziehung sei am 7. Mai 2009 in »Bunte« erschienen.
Im Frühjahr 2008 hatte CMK laut »Stern« von »Bunte« den Auftrag erhalten, eine mögliche Beziehung Lafontaines zu der Linkspartei-Abgeordneten Sahra Wagenknecht zu recherchieren. Dem Bericht zufolge forschte CMK Lafontaines damaliges Domizil im Berliner Stadtteil Köpenick aus. Ein Mitarbeiter der Firma habe zudem versucht, in der LINKEN-Fraktion des Bundestages einen Praktikumsplatz zu bekommen, um Lafontaine besser beobachten zu können. CMK bestätigte auf Anfrage des »Stern«, hinter Müntefering, Lafontaine und Seehofer her gewesen zu sein. Es habe sich jedoch um journalistisch begründete Jobs gehandelt. »Unsere Recherchemethoden bewegen sich stets im Bereich des presse- und standesrechtlich Zulässigen«, betonte CMK.
Die »Bunte« erklärte am Mittwoch, wegen des Berichts juristische Schritte gegen den »Stern« einzuleiten.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.