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Schnelle Lösungen gefragt

  • Gabi Zimmer
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Europaabgeordnete der LINKEN ist unter anderem Stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten.
Die Europaabgeordnete der LINKEN ist unter anderem Stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten.

Das »Europäische Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung 2010« hat eiskalt zugeschlagen: Mehrere hundert Menschen erfroren in den letzten Tagen und Wochen in Europa. Allein in Polen rechnet man mit über 220 Kältetoten. In Deutschland informierte die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe gerade erst über den 17. Obdachlosen, der in diesem Winter erfroren ist. Aber auch wenn mit Tauwetter in absehbarer Zeit zu rechnen ist, die Preise für Heizung, warmes Wasser, Kochen und Licht werden wohl kaum sinken.

Die Auswirkungen der Energiekrise, die Ressourcenverknappung, steigende Weltmarktpreise und Preisabsprachen der Energiekonzerne werden das verhindern. Was liegt also näher, als jetzt und sofort über notwendige Standards für eine würdige Grundversorgung von in Armut lebenden Menschen mit Strom, Wasser und Gas zu reden? Das Internationale Netzwerk für Nachhaltige Energie (INFORSE) wirft die Frage auf, ob die oberste Belastungsgrenze für die Energierechnung (Strom, Gas und Heizkosten kombiniert) bei 10 Prozent des verfügbaren Einkommens zu ziehen sei. Ansonsten laufen gerade die am meisten gefährdeten Menschen (Alleinerziehende, Familien mit Kindern, Migranten, Menschen mit Behinderungen, ältere Menschen, Kranke) Gefahr, ihre Wohnung zu verlieren. Es geht neben einer gemeinsamen Definition der erträglichen Obergrenze der Haushaltsausgaben für Wärme, Strom und Kochen in den EU-Mitgliedstaaten um unentgeltliche Energiesparprogramme für Arme, um sozial- und klimapolitische Wohnsanierungsprogramme, um Basispreise, Höchstpreise, Preissteigerungsinduzierung, Kontingentierung. Denkbar und notwendig sind Ergänzungen in entsprechenden EU-Richtlinien zu Energie, Gas, Strom und die Nutzung der ESF-Strukturfonds, um solche Programme zu finanzieren.

Für mich steht außer Frage, dass die Energiekonzerne, die Strom als Spekulationsobjekt an der Leipziger Börse handeln, in die Pflicht zu zwingen sind, ihren Beitrag zur Grundversorgung der Menschen mit Wärme, Strom und Kochenergie zu leisten. Wie? Dafür sollten jetzt im Kampagnenjahr zum Kampf gegen Armut schnelle Lösungen gefunden werden. Mit jenen, die selbst erfahren haben, wie schnell und unerbittlich der Weg von einem Leben in materieller Sicherheit in die Armut, vom Verlust der Wohnung in die Obdachlosigkeit sein kann. Mit jenen, die seit Jahren Vorschläge an die Regierungen und an die Europäische Kommission unterbreiten, um das Menschenrecht auf würdigen Wohnraum durchzusetzen. Die BAG Wohnungslosenhilfe macht mit ihrer Kampagne »Die Stadt gehört allen« und ihrer Kritik an Berechnungsverfahren von Regelsätzen zu Recht darauf aufmerksam, dass in Deutschland jährlich mindestens 100 000 Menschen vom Wohnungsverlust bedroht sind.

Man könnte erwarten, dass die Bundesregierung, die Regierungen der anderen EU-Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission im »Jahr zum Kampf gegen Armut« 2010 auf konkrete Verpflichtungen und Zielstellungen im Kampf gegen Obdachlosigkeit, gegen Energiearmut, gegen Armut überhaupt eingehen würden. Doch die scheinheilige Werbekampagne der Bundesregierung unter dem zynischen Motto »Mit neuem Mut« soll nur davon ablenken, wer die Verantwortlichen für diese Armut fördernde Gesellschaftsordnung sind. Armut verschärfende und bestrafende Gesetze wie Hartz IV ersparen weitere Kommentare. Die mit gespielter Betroffenheit übermittelte Botschaft von Merkel, von der Leyen und Westerwelle im »Jahr zum Kampf gegen Armut« ist: Wer arm ist, der ist selber schuld. Die Kampagne solle in erster Linie das Bewusstsein für Armut »schärfen«. Das ist wohl nur als Drohung zu verstehen.

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