Der mürrische Herr Toyoda
Toyota-Chef nahm vor dem US-Kongress Stellung zur Mängelserie
Am Mittwochabend musste sich der Toyota-Chef wegen der teils tödlichen Mängel an Autos seines Konzerns vor dem US-Kongress erklären.
Akio Toyoda macht keine gute Figur. Mit heruntergezogenen Mundwinkeln sitzt der Chef des weltgrößten Autobauers vor einem Ausschuss des US-Kongresses und soll die tödliche Pannenserie erklären. »Es tut mir sehr leid um jeden Toyota-Fahrer, der einen Unfall hatte«, liest er in holprigem Englisch ab. Der Satz ist bekannt, die Stellungnahme kursiert seit Tagen.
Vor dem Japaner haben sich viele Kongressabgeordnete aufgebaut. Sie wissen, was bei den US-Amerikanern vor den Fernsehern ankommt. »Es ist ein beschämender Tag für Toyota«, poltert der Republikaner John Mica, ein Papier in der Hand schwenkend. Darauf, so seine Interpretation, der Beweis, dass Toyota schon lange von den Defekten gewusst habe.
Kulturen prallen im Washingtoner Sitzungssaal aufeinander: Hier die aggressiv auftretenden Abgeordneten, dort der höflich-zurückhaltende Japaner. Ihm zur Seite steht sein Nordamerika-Chef Yoshimi Inaba. Er versucht – mit wenig Erfolg –, unangenehme Fragen auf sich zu lenken.
»Es ist eine Sache, Entschuldigung zu sagen«, ereifert sich der Abgeordnete Elijah Cummings. Es sei aber eine andere Sache, Probleme zu verschleppen. Alleine in den USA sollen 34 Menschen gestorben sein, weil Toyotas plötzlich beschleunigten und sich nicht mehr stoppen ließen.
Toyoda versucht, sich zu erklären: »Wir haben alle Informationen, die wir hatten, mit den Behörden geteilt.« Von dem verfänglichen Dokument wisse er nichts. Die Sicherheit seiner Kunden habe für ihn höchste Priorität. Beim Zuhörer bleiben Zweifel. Toyoda ist fernab der Heimat im Nachteil. Er hatte sich lange geziert, überhaupt zu erscheinen. Manchmal wirkt er fast mitleiderregend, dermaßen giftig gehen die Abgeordneten den Enkel des Firmengründers an.
Das Mitleid verfliegt jedoch, als Fe Lastrella in den Zeugenstand tritt. Sie verlor vor einem halben Jahr vier Familienmitglieder bei einem Unfall. Die schmale Frau gibt den Opfern ein Gesicht. »Ich will für meine vier Kinder sprechen«, sagt sie mit gebrochener Stimme. Ihre Kinder, das sind ihr Sohn Chris (38), ihre Tochter Cleofe (45), ihr Schwiegersohn Mark (45) und ihre Enkelin Mahala (13). Sie saßen in einer Lexus-Limousine, die sich nicht stoppen ließ. Der Wagen rammte mit mehr als 160 km/h einen Jeep, überschlug sich und ging in Flammen auf.
»Es ist eine Ironie«, sagt Lastrella über Mark, einen Polizisten, der eine Auszeichnung dafür bekommen hatte, dass er jemanden aus einem brennenden Auto gezogen hatte. »Er war nicht in der Lage, seine eigene Familie zu schützen.« Zu diesem Zeitpunkt hatte Toyota-Chef Akio Toyoda den Saal längst verlassen. (dpa)
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