EU stellt Ampel auf Rot

Ausschuss fordert aber einheitliche Lebensmittelkennzeichnung

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Der Streit um die Kennzeichnung von Inhaltsstoffen auf Lebensmitteln tobt seit Monaten zwischen Lebensmittelindustrie und Verbraucherschützern. Am Dienstag entschied der zuständige EU-Parlamentsausschuss, dass die von den Herstellern ungeliebte Ampel nicht Pflicht wird. Das Votum gilt als wegweisend für die kommende Abstimmung des Europaparlaments.

Brüssel (AFP/ND). Im Europaparlament hat sich der federführende Umweltausschuss gegen eine obligatorische Kennzeichnung von Lebensmitteln in den Ampelfarben ausgesprochen. Die Mehrheit der Abgeordneten folgte damit der Berichterstatterin Renate Sommer (CDU), die die Einteilung von Nahrungsmitteln in »grün«, »gelb« und »rot« als wissenschaftlich nicht fundiert und irreführend ablehnt. Zugleich sprach sich der Ausschuss für eine verpflichtende EU-weite Kennzeichnung von Lebensmitteln aus. Die Meinung des Ausschusses gilt als Wegweiser für die Abstimmung im Plenum, die im Mai geplant ist. Über die Neuregelung müssen das in dieser Frage gespaltene Europaparlament und der ebenfalls uneinige EU-Ministerrat gemeinsam entscheiden

Dem Richtlinienentwurf zufolge sollen auf den Etiketten von Nahrungsmitteln künftig der Nährwert sowie der Gehalt pro 100 Gramm an Fett, ungesättigten Fettsäuren, Kohlehydraten, Zucker und Salz angegeben werden. Auch die Hinweise für Allergiker sollen verbessert werden. Ziel ist es, Verbraucher besser über die Zusammensetzung von Lebensmitteln zu informieren. Die Angaben über Fett- und Zuckergehalt – etwa in Keksen und Müslis – sollen helfen, gegen die wachsende Fettleibigkeit bei Kindern anzukämpfen.

Vor der Sitzung hatte sich die Industrie ebenfalls noch einmal energisch gegen Angaben in Ampelfarben ausgesprochen. Die Ampel bevormunde den Verbraucher, sagten Vertreter der Initiative »Ausgezeichnet informiert«. Zudem glaubten viele Verbraucher fälschlicherweise, dass sie mit rot gekennzeichnete Produkte ganz meiden sollten. Zu der Initiative haben sich große Hersteller wie Kraft, Nestlé, Unilever, Mars und Coca-Cola sowie die Handelsgruppe Metro zusammengeschlossen.

Sie kennzeichnen ihre Produkte seit vier Jahren mit dem GDA-Nährwertkompass, der anhand einer Portionsgröße zeigt, wie viele Kalorien, Salz, Zucker und Fett ein Produkt enthält und wie viel Prozent das am Tagesbedarf einer erwachsenen Frau ausmacht. 60 Prozent aller verpackten Lebensmittel in Europa tragen demnach bereits diese Kennzeichnung.

Gegen die Angaben der Lebensmittelindustrie und für eine Ampel hatten sich kürzlich neben Verbraucherschützern auch die Krankenkassen in Deutschland und Kinderärzte in Europa ausgesprochen. Sie argumentieren, im Kampf gegen Übergewicht benötigten vor allem Familien aus sozial schwachen Schichten eine leicht verständliche, farblich untermalte Kennzeichnung von Fett, Zucker und Salz. Eine am Montag veröffentlichte Umfrage der AOK ergab, dass mehr als 90 Prozent der Eltern sich die Ampelkennzeichnung auf Getränken wünschen, weil damit der Zuckergehalt auf einen Blick zu erkennen sei. Der Umfrage zufolge schätzte nur ein Viertel der Eltern den Zuckergehalt von Getränken richtig ein.

Rot für Dickmacher

Mit der von Verbraucherschützern geforderten Ampel wird der in 100 Gramm eines Lebensmittels enthaltene Anteil an Zucker, Salz, Fett und gesättigten Fettsäuren farblich gekennzeichnet. Ein sehr hoher Anteil bekommt eine rote Unterlegung, ein mittlerer eine gelbe. Zutaten, die grün gekennzeichnet sind, sind nicht in gesundheitsgefährdender Menge enthalten. So bekäme Cola ein »rot« für den extrem hohen Zuckergehalt, bei Salz und Fett dagegen ein »grün«, weil beides nicht enthalten ist. Verbraucher sollen auf einen Blick erkennen können, ob ein Produkt für eine gesunde Ernährung geeignet ist. grg
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