Papst spricht von Schande und Reue

»Kirche von unten« kritisiert Stehenbleiben bei verbaler Betroffenheit im Missbrauchsskandal

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Der Papst hat den sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche »aufrichtig bedauert«, ohne allerdings auch die Fälle in Deutschland konkret anzusprechen. In seinem Hirtenbrief an die katholische Kirche in Irland sprach er von »Schande und Reue«. Vor allem vielen Opfern genügt das nicht.

Rom (epd/ND). Papst Benedikt XVI. hat tiefes Bedauern über den Missbrauch von Kindern und Jugendlichen durch irische Geistliche geäußert. »Im Namen der Kirche drücke ich offen die Schande und die Reue aus, die wir alle fühlen«, schrieb das Kirchenoberhaupt in seinem am Samstag veröffentlichten Hirtenbrief an die irischen Katholiken. Die Missbrauchsfälle in Deutschland erwähnte der Papst nicht. Die Deutsche Bischofskonferenz sieht in dem Brief dennoch eine Botschaft, die sich auch an die deutschen Katholiken richtet.

Der Papst rief die irische Kirche auf, »vor Gott und den Menschen die Sünden an wehrlosen Kindern« einzugestehen. Angesichts der Schwere der Verbrechen und »häufig unangemessener Antworten« sei ein radikaler Erneuerungsprozess in der irischen Kirche nötig. Dabei müsse sie mit den zivilen Justizbehörden zusammenarbeiten, mahnte der Papst. 2009 war bekanntgeworden, dass in der irischen Kirche ab 1930 Tausende Heimkinder von Kirchenleuten missbraucht wurden.

In dem umfassenden Schreiben äußerte das Kirchenoberhaupt Verständnis dafür, dass es vielen der Opfer »schwer fällt, nach allem, was geschehen ist, auch nur die Schwelle einer Kirche zu überschreiten«. Nichts könne das Leid ungeschehen machen, das ihnen angetan worden sei.

Die irischen Bischöfe versäumten es nach den Worten des Papstes mehrfach, bestehende Regeln im Umgang mit Missbrauch anzuwenden und Anzeigen nachzugehen. Der Vatikan plane in einigen irischen Diözesen apostolische Visitationen, kündigte Benedikt an.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, begrüßte das Schreiben des Papstes. Ohne Wenn und Aber habe der Papst die schrecklichen Verbrechen, die Priester und Ordensleute an jungen Menschen begangen haben, verurteilt.

Die Reformbewegung »Wir sind Kirche« mahnte dagegen, der Hirtenbrief dürfe kein Schlussstrich, sondern müsse der Anfang eines Läuterungsprozesses sein. Die Initiative »Kirche von unten« kritisierte, der Hirtenbrief bleibe »bei verbaler Betroffenheit stehen«.

In Österreich planen Missbrauchsopfer erstmals gemeinsame rechtliche Schritte gegen die Kirche. Wie der Wiener Rechtsanwalt Werner Schostal der österreichischen Zeitung »Der Standard« vom Samstag sagte, haben zehn Betroffene den Verein »Opfer kirchlicher Gewalt« gegründet. Schostal fordert von der Kirche bis zu 80 000 Euro Entschädigung pro Opfer. Eine derartige Summe sei »mehr als angemessen«, sagte er der Zeitung. Schostal will die Ansprüche zunächst außergerichtlich geltend machen.

Auch der irische Opferverband One in Four bedauerte das Fehlen einer Entschuldigung für die »niederträchtige« Weise, in der Missbrauchsopfer zurückgewiesen oder zum Schweigen gebracht worden seien, wenn sie versucht hätten, sich über Kirchenverantwortliche zu beschweren. Dies sei »äußerst schmerzlich«, sagte die Geschäftsführerin Maeve Lewis.

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