Versicherungen in Serie - Teil 20 - Private Rentenversicherung: Vergleich der Angebote unerlässlich
Assekuranz
Die ganze Wahrheit über unsere Renten wird in einem Jahrzehnt ans Licht kommen. Erst im Jahr 2020 gehen nämlich die ersten geburtenstarken Jahrgänge in Rente und Pension. Dass die Jungen für die Rente der Alten zahlen, ist ein bewährtes Prinzip. Schließlich wird jeder Mensch früher oder später einmal alt und gewinnt dann von diesem System. Dieses Modell nennt sich Generationenvertrag.
Der Generationenvertrag braucht vor allem Akzeptanz
Er funktioniert aber nur reibungslos, wenn er allgemein akzeptiert wird und wenn das Zahlenverhältnis von Alten und Jungen ausgewogen ist. Dieses Verhältnis ist jedoch in der Wirklichkeit des Lebens einem ständigen Wandel unterzogen. 1960 bezogen westdeutsche Rentner im Durchschnitt zehn Jahre lang Rente, 1980 waren es zwölf Jahre, 2001 schon rund 16 Jahre und im Jahr 2030 werden es schätzungsweise 19 Jahre sein – eine erfreuliche Entwicklung.
Doch dieser beschriebene demographische Wandel könnte die Renten ab 2020 ein wenig in die Knie zwingen. Nach jüngsten Berechnungen des Bundessozialministeriums sinkt die durchschnittliche Rente von 52,0 Prozent des letzten Nettolohnes im Jahr 2009 auf 47,0 Prozent im Jahr 2020 und weiter auf 46,2 Prozent im Jahr 2023 ab. Die Berechnung beruht auf dem Modelfall des »Eckrentners«, der 45 Jahre in die Rentenkasse Beiträge aus dem jeweiligen Durchschnittseinkommen eingezahlt hat.
Wie dem auch sei, solche negativen Prognosen müssen nicht zwingend wahr werden. Politische Maßnahmen, Migration, technischer Fortschritt sowie ein Ende der Massenarbeitslosigkeit könnten den Abstieg bremsen, ja sogar umkehren. Ohnehin wird von den Anhängern der privatisierten Rente gerne die demographische Entwicklung und die Renten-Zukunft in finstersten Farben gezeichnet. Dabei sieht das Bild schon bunter aus, wenn man statt der Prozentsätze die erwarteten Rentenerhöhungen mit berücksichtigt: Danach werden die gesetzlichen Renten von 1.224 Euro (2009) über 1.557 Euro (2020) auf immerhin 1.686 Euro im Monat (2023) ansteigen. Entsprechend geringe allgemeine Preissteigerungen vorausgesetzt, würde ein typischer Rentner dann in zwanzig Jahren genau so viel – oder wenig – kaufen können wie heute.
Doch auch in diesem günstigen Fall dürfte das bisherige Umlageverfahren in der Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) für Menschen unter 50 kaum ausreichen, um alle finanziellen Wünsche im Alter zu erfüllen. Das war in der Vergangenheit zwar auch nicht anders, aber mit diesem medial aufgebauschten Allgemeinplatz schlug für einige Politiker die Stunde der kapitalgedeckten Altersvorsorge. Mit der Reform der gesetzlichen Rentenversicherung 2000/2001 wurde die Riester-Rente geschaffen. Dies war hierzulande der Einstieg in die Privatisierung der Rente. Eine Politik, die von der schwarz-gelben Koalition fortgesetzt wird. »Das geringere Rentenniveau muss durch zusätzliche Altersvorsorge ausgeglichen werden: betrieblich, privat oder am besten beides«, so Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen.
Allgemeine Informationen über Gegenwart und Zukunft der gesetzlichen Rentenversicherung finden Sie in einer Broschüre der Deutschen Rentenversicherung: »Rentenversicherung in Zahlen 2009“ (zu finden unter: www.deutsche-rentenversicherung.de => Formulare und Publikationen => Publikationen => Statistiken).
Mit mehr als 1,1 Millionen Neuverträgen stieg die Zahl der Riester-Policen 2009 auf insgesamt über 13,2 Millionen. Im Trend geht allerdings die Abschlussbereitschaft der Deutschen seit einigen Jahren merklich zurück. Daran scheint auch das Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) aus dem Herbst nichts zu ändern, das unter anderem die Benachteiligung von Grenzgängern und sogenannten Mallorca-Rentnern als nicht mit dem Europarecht vereinbar bezeichnet hat (EuGH-Urteil vom 10.09.2009, Az. C-269/07).
Riester-Rente auch für Deutsche im Ausland
Konkret bedeutet das Urteil, so der Versicherungsverband GDV, dass auch Arbeitnehmer in den Genuss der staatlichen Förderung der Riester-Rente kommen sollen, die zwar in Deutschland arbeiten und Sozialversicherungsbeiträge zahlen, aber im Ausland wohnen und dort besteuert werden. Eine gute Nachricht bedeutet das EuGH-Urteil auch für abhängig Beschäftigte, die in ihrem Berufsleben in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig waren, aber ihren Ruhestand im Ausland verbringen: Bisher galt, dass die staatlichen Förderbeträge zurückgezahlt werden müssen, sobald der Empfänger einer Riester-Rente in Deutschland keinen Wohnsitz mehr hat. Betroffen waren sowohl die »Mallorca-Rentner«, also Deutsche, die im Alter dauerhaft ins Ausland ziehen, als auch ausländische Arbeitnehmer, die nach ihrem Berufsleben in ihr Heimatland zurückkehren.
Entscheidend sind auch hier die Kosten
Der Marktanteil der einzelnen Riester-Formen hat sich in den vergangenen Jahren auf Kosten der Versicherungsverträge in Richtung Fondssparpläne verschoben. Nach 15,3 Prozent im Jahr 2006 ist inzwischen fast jede fünfte Riester-Police ein Fondssparplan. Jedoch ist die Aufholjagd fast zum Erliegen gekommen. Auch die Banksparpläne gewinnen langsam, aber stetig hinzu und kommen auf einen Anteil von 4,8 Prozent. Die Versicherungswirtschaft muss weiter Federn lassen und hat allein in den letzten vier Jahren weit über sechs Prozentpunkte Markanteil eingebüßt.
Doch auch und gerade die individuelle Rentenversicherung hat ihren Preis, denn ohne Sparen geht es trotz staatlicher Zuschüsse leider fast nie.
Der Kunde – also Sie! – hat die Qual der Wahl. Betriebliche oder private Altersvorsorge? »Riester« oder »Rürup«? Staatlicher Zuschuss oder Steuerbefreiung? Obendrein müssen wir zwischen einem halben Dutzend Möglichkeiten der Geldanlage wählen und noch einiges mehr. Diese Wahl erleichtern weder der Gesetzgeber noch die Finanzdienstleister. Letztere überschütten uns Verbraucher lieber mit einer Flut von oft undurchsichtigen Angeboten.
Zunächst einmal gilt auch in diesem Fall: Die Wahl für ein bestimmtes Renten-Produkt ist immer eine ganz persönliche! Dieser Ratgeber kann nur einige grundlegende Informationen vermitteln, die es Ihnen ermöglichen sollen, eine angemessene Wahl zu treffen. Die Entscheidung fällen, müssen Sie letztlich aber selbst.
Hilfreich dabei ist in jedem Fall der Vergleich mehrerer Angebote von Banken, Sparkassen und Versicherungen.
Verbraucherschützer empfehlen, für eine Riester-Rente als klassische Rentenversicherung zumindest bei folgenden Unternehmen ein Vergleichsangebot einzuholen:
– Cosmos (Tarif »Rente Classic 60 Plus«),
– DeBeKa (»EFR Bonus«),
– Hanse-Merkur (»Riester Care«).
Ausführliche allgemeine Infos zur Altersvorsorge bietet das Bundesministerium für Arbeit und Soziales an seinem »Bürgertelefon zu Rentenfragen« (Tel. 01805-67 67 10). Nützlich ist ebenso die Beratung durch eine örtliche Verbraucherzentrale, durch die Personalabteilung oder den Betriebsrat(!) der Firma, in der Sie arbeiten.
Betriebliche Altersvorsorge bleibt erste Wahl
In vielen Fällen dürfte für viele die betriebliche Altersvorsorge erste Wahl sein. Die individuelle Altersvorsorge über den Betrieb wurde von der rot-grünen Bundesregierung 2002 zunächst besonders gefördert. Die staatliche Förderung für Betriebsrenten fiel in den ersten Jahren deutlich großzügiger aus als bei privaten Einzelverträgen. Während bei privaten Altersvorsorgeverträgen die steuerliche Höchstförderung erst ab 2008 möglich wurde, konnte sie auf betrieblichem Wege sofort erreicht werden.
Der Bonus für die Betriebsrente war unter anderem ein politisches Geschenk der Regierung an die IG Metall. Der »Erfinder« der privaten Rente, Arbeitsminister Walter Riester (SPD), war zuvor Zweiter Vorsitzender der Gewerkschaft gewesen. Der IG Metall bot sich so die umstrittene Möglichkeit, nach angelsächsischem Modell einen Rentenfonds aufzubauen. Dahinter stand in Gewerkschaftskreisen auch die Hoffnung, mittelbar als Aktionär Einfluss auf große Unternehmen zu gewinnen, wie es in den USA die großen Pensionsfonds von Universitäten oder Beamten tun. 2001 gründete die IG Metall daher zusammen mit dem Unternehmensverband Gesamtmetall die »MetallRente«. Die Nachfrage blieb jedoch eher mäßig.
Allgemeine Informationen zum Versorgungswerk Metall-Rente im Internet
Email info@metallrente.de oder die kostenpflichtige Telefonhotline für Unternehmer und Betriebsräte:
01802-222 994.
Mit diesem Bonus der früheren Höchstförderung, mit dem die Betriebsrente ausgestattet worden war, ist es heute bei Neuverträgen ohnehin vorbei. Das wohl wichtigste Kriterium für die Auswahl eines Altersvorsorgeproduktes sind nun die Kosten!
Erst »was« übrig bleibt, wenn die Provision für den Vertrieb und die laufenden Kosten für den Verwaltungsaufwand der Versicherungsgesellschaft abgezogen sind, fließt in Ihren eigenen Spartopf fürs Alter.
Bei vielen Banken und Versicherungen werden 15 bis 20 Prozent der eingezahlten Beiträge von Kosten und Provisionen aufgefressen. Günstige Anbieter begnügen sich dagegen mit einstelligen Abzügen, und das zahlt sich im Alter aus. Vor dem Abschluss eines neues Vertrages sind die Vertriebs- und Verwaltungskosten das einzige konkret messbare Kriterium. Dagegen sind die Renditeversprechen des netten »Herrn Kaiser« und seiner Werbekollegen vage und ungewiss.
TIPP: Holen Sie also mehrere Angebote ein und vergleichen die Kostenangaben! Grundsätzlich gilt: Betriebliche Altersvorsorgeverträge sind meistens kostengünstiger als individuelle Rentenprodukte.
Die Altersversorgung über die »eigene« Firma ist normalerweise besonders kostengünstig. Das hat einen wesentlichen Grund: Der Versicherer gewährt Unternehmen mit mehreren Beschäftigten einen Mengenrabatt.
Broschüre und Infos zur Betriebsrente bietet die »Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung« (www.aba-online.de;
Email: info@aba-online.de,
Tel: 0 62 21 / 13 7178-0).
Was aber, wenn sie nicht in einem Unternehmen mit Betriebsrente arbeiten? Die Antwort geben wir in der nächsten Folge unserer ND-Serie »Versicherungen«.
HERMANNUS PFEIFFER
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.