Google umgeht chinesische Zensur
Internetgigant verlässt China – Suchmaschine soll nun von Hongkong aus betrieben werden
Als in Peking noch alle schlafen, verkündet der Internetgigant Google, dass in China fortan nicht mehr zensiert wird. Über die Server in Hongkong (google.com.hk) wird Google vorläufig einen ungefilterten Suchdienst für ganz China anbieten. »Dies ist absolut legal«, glaubt Googles Chef-Jurist David Drummond. Denn die Sonderzone Hongkong hat ihre eigenen, liberaleren Gesetze.
Die chinesischen Behörden reagierten am Dienstagmorgen gereizt. »Google hat sein schriftliches Versprechen gebrochen«, sagt ein hoher Beamter im Informationsministerium der staatlichen Agentur Xinhua. Man habe sich zweimal zu einem aufrichtigen Dialog mit dem Unternehmen zusammengesetzt. »Wir haben Google deutlich gemacht, dass dessen Entwicklung im Lande weiter willkommen sei, sofern Chinas Gesetze eingehalten würden.« Die Anschuldigungen, China stecke hinter den Hacker-Angriffen auf den Internetdienst, seien »komplett falsch«.
Am 12. Januar vermeldete Google, dass verschiedene Firmencomputer systematisch von chinesischen Hackern ausspioniert worden seien. Betroffen gewesen seien vor allem die E-Mail-Konten mehrerer Menschenrechtsaktivisten. Für den Internetriesen war dies der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Google kündigte den Rückzug aus einem Land an, in dem es nie richtig Fuß fassen konnte. Denn die Hürden, die China den ausländischen Webdiensten in den Weg stellt, erweisen sich als unüberwindbar. Im Zuge der gewaltsamen Proteste in der Unruheprovinz Xinjiang blockierten die Behörden im vergangenen Sommer Google, Youtube, Facebook und Twitter. Regierungsfeindlichen Gruppierungen sollte dadurch die Kommunikation erschwert werden.
Während die lokalen Konkurrenten beliebig expandieren können, werden vor allem die Ausländer gebremst. Baidu bei den Suchmaschinen und Tencent im Bereich der »sozialen Netzwerke« erweisen sich als die Hauptprofiteure.
Der Konflikt veranschaulicht einmal mehr den Zusammenprall von zwei unterschiedlichen Wertesystemen. Er wird auch bereits auf diplomatischer Ebene ausgefochten. Mike Hammer, Sprecher des Weißen Hauses, zeigte sich »enttäuscht« darüber, dass Google und die chinesische Regierung sich nicht einigen konnten. Ein Ende der Auseinandersetzung ist noch nicht abzusehen. Google rechnet damit, dass China die neue Seite womöglich ganz für die eigene Bevölkerung sperrt. Derweil versucht Premier Wen Jiabao die Gemüter im diplomatischen Konflikt zu beschwichtigen. »Wir sitzen doch im gleichen Boot mit den Amerikanern«, sagte er am Montag bei einem Treffen hochrangiger Unternehmensvertreter in Peking. »Da gilt es einen kühlen Kopf zu bewahren.«
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