Kampftag mit roten Taschen
»Equal Pay Day« – Aktionen für gleiche Bezahlung von Frauen
Ich habe eine rote Tasche. Das trifft sich gut: »Die Rote Tasche steht für die roten Zahlen in den Geldbörsen der Frauen.« Überhaupt ist die Symbolik des »Equal Pay Day« bestechend: Bis zum 26. März 2010 hätte das Jahr 2009 für Frauen gedauert, wollten sie so viel verdienen wie Männer. Also 23 Prozent länger. »Wir hoffen, dass der Equal Pay Day im nächsten Jahr früher stattfindet«, tönt es aus dem Lautsprecher am Brandenburger Tor. Dann hätte sich die Differenz zwischen den Löhnen verringert.
»Die Gesellschaft lebt von der Ausbeutung der Arbeitskraft der Frau«, sagt Ulrike Helwerth, Pressesprecherin des Deutschen Frauenrats, und das klingt kämpferisch. In der Öffentlichkeit sei das Thema der ungleichen Bezahlung »nach oben gerutscht. Aber noch nicht ganz so, wie wir es uns wünschen.« Der Frauenrat gehört zum »nationalen Aktionsbündnis zum Equal Pay Day«, das sich vor dem Brandenburger Tor versammelt hat. Nicht sichtbar vertreten, aber mit dabei sind die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, der Verband deutscher Unternehmerinnen und die Business and Professional Women Germany (BPW). Das Familienministerium unterstützt die Aktion. An wen man denn dann überhaupt noch seine die Forderungen richte? »Das ist die Schwäche an breiten Bündnissen, man muss viele Kompromisse eingehen«, antwortet Helwerth.
Dazu gehört wohl, dass das vorrangige Anliegen mancher Bündnispartnerinnen der »Wirtschaftsstandort Deutschland« ist. Die Präsidentin der BPW, Dagmar Bischof, drückte es in einer Pressemitteilung so aus: »Unternehmen können es sich im Wettbewerb um die besten Fachkräfte nicht länger leisten, das Potenzial von Frauen nicht voll auszuschöpfen.«
Auch am Potsdamer Platz stehen Frauen mit roten Taschen, allerdings nur wenige Dutzend. Es müsse endlich Schluss sein mit der ungleichen Bezahlung, ereifert sich Edda Schliepack, die Bundesfrauensprecherin des Sozialverbands Deutschland (SoVD). »Auf die Idee haben wir uns begeistert drauf gestürzt.« Ein Problem mit dem Bündnis am Brandenburger Tor hat das CDU-Mitglied offenbar nicht. Es gehe um »Frauensolidarität«. »Da ziehen wir alle an einem Strang.«
Ob es beim Equal Pay Day nicht vor allem darum gehe, die »Humanressource Frau« auszuheben? Eine Vertreterin des Bundesfrauenrats von Ver.di will das Wort lieber nicht hören. »Uns hier geht es um Gerechtigkeit«, sagt eine andere. Die Ver.di-Frauen sprechen vom Mindestlohn, der das Problem um einiges verringern würde. Nur das erste Ziel habe man mit dem Bündnis am Brandenburger Tor gemeinsam, deshalb treffe man sich in der Mitte. Der Start an einem anderen Ort sei schon »ein Stück weit symbolisch«.
Vor dem Brandenburger Tor hält Claudia Roth eine flammende Rede. Die Grünen fallen optisch heraus zwischen den roten Fahnen der SPD und der LINKEN und den roten Taschen. Die Ansprache der Business-Frauen ist kurz, aber nicht ohne die Information, dass sie es waren, die den bundesweiten »Equal Pay Day« vor drei Jahren nach Deutschland brachten. Gummibärchen und Einladungen zu einem Gehaltsverhandlungsworkshop werden verteilt. Auf die Frage, wo es noch hake, wenn sich doch Ministerium, Unternehmen, Parteien und Gewerkschaften einig seien, spricht eine Vertreterin des BPW von »Theorie« und »Praxis« und der »gläsernen Decke«, jener unsichtbaren Barriere, die bewirke, dass Frauen »über eine gewisse Stufe nicht hinaus kommen«.
Die Frauen vom Potsdamer Platz haben sich längst zum Brandenburger Tor aufgemacht und den anderen angeschlossen. Mit einem »nationalen Bündnis« trifft man sich eben doch nicht in der Mitte.
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