Angreifen, um zu verteidigen

Die Parteiströmung AKL bereitet sich auf eine »harte Programmdebatte« vor

  • Velten Schäfer, Neubrandenburg
  • Lesedauer: 3 Min.
Die »antikapitalistische Linke« will den Programmentwurf gegen die »Realos« verteidigen und gleichzeitig nach links zuspitzen. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf außenpolitischen Forderungen, ein anderer in der Arbeitsmarktpolitik.

Als Michael Schlecht im Oktober 2008 im Bundesvorstand der Linkspartei den Vorschlag machte, die Überführung der Banken in öffentliche Trägerschaft programmatisch zu fordern, stieß er noch auf überwiegend taube Ohren. Doch das habe sich schnell geändert, erzählt der langjährige Hauptamtliche von ver.di und der Gewerkschaft HBV (Handel, Banken, Versicherungen).

Er sitzt an diesem Freitagabend auf einem Podium in Neubrandenburg und sagt: »Die Vergesellschaftung von Banken und Finanzindustrie ist politisch zentral«. Zudem, so der langjährige »Chefökonom« der Dienstleistungsgewerkschaft, sei dies politisch so gut zu vermitteln wie noch nie. Die Bankenfrage, sagt er sinngemäß, eigne sich, Otto Normaldraufzahler »abzuholen« und ihm überhaupt die Angst vor dem Tabu Wirtschaftsdemokratisierung zu nehmen. Man solle nur nicht von »Verstaatlichung« sondern »Versparkassung« sprechen.

Dem Publikum an diesem Abend ist das bei weitem nicht radikal genug. Die Strömung der »Antikapitalistischen Linken« in der Linkspartei hatte ins ehemalige Interhotel zu Neubrandenburg eingeladen, um sich mit dem Programmentwurf auseinanderzusetzen. Und in den Diskussionsbeiträgen zu Schlechts Referat wurde schnell deutlich, dass man hier »abholen« oder »andocken« als »anbiedern« zu verstehen gewillt ist. Michael Schlecht muss einiges einstecken in der kurzen Debatte, an deren Ende tatsächlich noch jemand den Witz mit seinem Nachnamen macht – für alle Ohren über das Saalmikrophon.

Im Lauf des Samstag verzieht sich indes die überdrehte Atmosphäre – und schnell wird deutlich, dass die »linken LINKEN« den von Seiten der »Realos« öffentlich angegriffenen Entwurf verteidigen werden. Das gelte, so der frühere Europa-Abgeordnete Tobias Pflüger, besonders für die »roten Linien«, die bei Regierungsbeteiligungen nicht überschritten werden dürften: »kein Arbeitsplatzabbau, keine Privatisierung, kein Sozialabbau und keine Auslandseinsätze der Bundeswehr«. Auch die Passagen, die sich auf die außerparlamentarische Bewegungen beziehen, »müssen genau so im Programm bleiben«, sagt Pflüger. »Dafür werden wir kämpfen.«

Zwar sieht die AKL in dem Entwurf eine »deutliche Verbesserung« gegenüber früheren Dokumenten, wie dem Bundestags-Wahlprogramm. Dennoch, sagt nicht nur Pflüger, gebe es »bedeutenden« Nachbesserungsbedarf, den man in einer »harten Programmdebatte« auch »konsequent« thematisieren werde: So müssten nicht nur »Kampfeinsätze«, sondern generell »Auslandseinsätze« der Bundeswehr ausgeschlossen werden – und nicht nur Rüstungsexport in Krisengebiete, sondern generell die Waffenproduktion untersagt werden. Auch bei NATO und Bundeswehr wolle die AKL mehr Entschiedenheit: »Auflösen. Und Punkt«.

Die Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen billigt dem Papier in ihrem Referat »viele Antworten auf die Krise« zu. Dennoch müsse nachgeschärft werden: Leiharbeit sei nicht nur zu begrenzen, sondern zu verbieten – wie auch Massenentlassungen. Zudem sei der Öffentlichen Beschäftigungssektor auch eine Konkurrenz zum regulären Öffentlichen Dienst.

Eine »konsequente antikapitalistische Perspektive, so Dagdelen, fehle dem Entwurf indes. Besonders die »Eigentumsfrage«, meint sie, müsse noch viel »zentraler« gesetzt werden.

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