Eine Frage der Bonität
Datenschutznovelle tritt in Kraft – neues Recht auf Selbstauskunft für Konsumenten
Mehr als 600 Inkassounternehmen und Auskunfteien sammeln Informationen über uns Verbraucher. Milliarden Datensätze geben Händlern, Banken, Telefongesellschaften und Vermietern Auskunft darüber, welcher Konsument, Mieter oder Kreditnehmer seine Rechnungen stets pünktlich bezahlt hat und mit welcher Wahrscheinlichkeit dies auch künftig der Fall sein wird.
Doch wie zuverlässig sind solche Auskünfte? Daten- und Verbraucherschützer warnen: nahezu jede zweite Auskunft soll auf fehlerhaften, überalterten oder unvollständigen Daten beruhen. Eine repräsentative Stichprobe der Münchner GP Forschungsgruppe ergab, dass bei jedem fünften befragten Online-User in den zurückliegenden Jahren bereits einmal ein Vertrag aus für ihn unerklärlichen Gründen nicht zustande kam. Bei etwa jedem vierten Befragten, der eine Ablehnung erfahren hatte, lagen – nach dessen Angaben – fehlerhafte Speicherdaten vor.
Jeder zweite Befragte hatte in den letzten fünf Jahren eine Wohnung angemietet. Sieben Prozent der Neumieter gaben an, dass sie für die Anmietung der Wohnräume eine Selbstauskunft bei einer Auskunftei beantragen mussten, ein Drittel der Mietinteressenten mussten eine Selbstauskunft ausfüllen und ebenso viele mussten dem Vermieter ihren Lohn- oder Gehaltszettel vorlegen.
Mit dem 1. April tritt das neue Bundesdatenschutzgesetz in Kraft. Ab sofort kann jeder, der Zweifel hat, ob die über ihn gespeicherten Daten zutreffend sind, oder der wissen will, woher diese Daten stammen und wer sie bereits genutzt hat, regelmäßig denen in die Karten schauen, die solche Daten erheben, verarbeiten – und damit Geschäfte machen.
Die Erteilung von Selbst- oder Eigenauskünften ist für den Antragsteller einmal pro Jahr kostenlos. Wer bei der Überprüfung seiner gespeicherten Bonitätsdaten und Scorewerte auf fehlerhafte Einträge stößt, kann diese auf Antrag korrigieren, ergänzen oder auch löschen lassen.
Auskünfte gibt es hier:
- Die Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung AG (Schufa) verfügt über Informationen von mehr als 65 Millionen Verbrauchern. Darüber hinaus verfügt die Schufa über Bonitätsinformationen zu Freiberuflern, Kleingewerbetreibenden und zu allen im Handelsregister eingetragenen Unternehmen.
- Selbstauskunft-Anfrage an: Schufa Holding AG, Verbraucherservicezentrum Hannover, Postfach 5640, 30056 Hannover, per Fax: 0 18 05 – 91 00 10, per E-Mail: www.meineschufa.de
- Die CEG Creditreform Consumer GmbH speichert die Daten von ca. 53 Millionen Privatpersonen. Die gespeicherten Informationen beziehen sich auch auf deren Beteiligungen an Firmen, auf bisherige Kreditanträge oder Bestellungen.
- Selbstauskunft-Anfrage an: CEG-Konsumentenservice, Hellersbergstr. 11, 41460 Neuss, per E-Mail: MeineAuskunft@ceg-plus.de.
- Die bei der infoscore Consumer Data GmbH (ICD) gespeicherten Daten geben Auskunft über das Zahlungsverhalten von rund 7,8 Millionen Konsumenten. Zu den Bonitätsinformationen zählen auch die Scorewerte; diese werden von der Schwestergesellschaft informa angeboten. Diese Daten liefern Prognosen über die Wahrscheinlichkeit eines Zahlungsausfalles.
- Selbstauskunft-Anfrage an: infoscore Consumer Data GmbH, Abteilung Datenschutz, Rheinstraße 99, 76532 Baden-Baden, per Fax: 0 72 21-50 40-32 01.
- Auskunft über Scorewerte erteilt die informa Unternehmensberatung GmbH, Abteilung Datenschutz, Rheinstraße 99, 76532 Baden-Baden, per Fax: 0 72 21-50 40-30 95.
- Bürgel Wirtschaftsinformationen hat die Daten zu ca. 3,9 Mio. Unternehmen sowie zu Privatpersonen gespeichert.
- Selbstauskunft-Anfrage an: Bürgel Wirtschaftsinformationen GmbH & Co. KG, Gasstraße 18, 22761 Hamburg, per E-Mail: info@buergel.de.
Darauf sollten Sie achten:
Anträge auf Auskunft und Löschung können per Briefpost, Telefax oder elektronisch erfolgen. Telefonische Auskünfte werden aus Datenschutzgründen nicht erteilt.
Den Anträgen auf Selbstauskunft sind Angaben über Vor- und Familienname und ggf. Geburtsname, Geburtsdatum und aktuelle Hausanschrift anzugeben. Darüber hinaus empfiehlt es sich, eine lesbare Kopie des Personalausweises (Vorder- und Rückseite) zu übersendet. Man kann dort alle Angaben schwärzen, die nicht zu den erbetenen Angaben gehören (z. B. Ausweisnummer).
Bei Anträgen auf Korrektur oder Löschung von Daten sind zusätzlich Kopien der Dokumente, die den Sachverhalt darlegen (Quittungen, Löschungsbescheide o.ä.) beizufügen.
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