Menschliches

  • Ingolf Bossenz
  • Lesedauer: 1 Min.

Für Nietzsche gab es »nur einen Christen, und der starb am Kreuz«. Und Dostojewskis Großinquisitor wies Jesus zurecht: »Warum bist du gekommen, uns zu stören?« Die Kritik am institutionellen Christentum ist so alt wie dieses selbst. Dem Vorwurf, die Botschaft des Nazareners und deren kirchliche Umsetzung klafften weit auseinander, mangelte es nie an stichhaltigen Gründen. Bis heute ungebrochen ist die Anmaßung der Romkirche, an ihrer Spitze stehe gar der Stellvertreter des auf Golgota hingerichteten Wanderpredigers. Ein Anspruch, der schlecht zu den tagtäglich neuen Nachrichten passt, dass Kinder in den Erziehungseinrichtungen dieser Kirche durch die Hölle gingen. Andererseits bietet sie auch ein Paradies – das Steuerparadies der Vatikanbank, wo selbst mit heiligen Messen unheilige Geschäfte gemacht wurden, wie das Buch »Vatikan AG« von Gianluigi Nuzzi belegt. Man sollte all dies nicht dem sich auf Jesus berufenden christlichen Glauben anlasten.

Die Institutionen und Verwalter von Religionen – nicht nur der christlichen – spiegeln immer auch die sie umgebende Welt, mit ihren Verdiensten, ihrem Versagen, ihren Verbrechen. Eben darauf verweist die Passion Jesu. Sie ist keine göttliche, sondern eine sehr menschliche Geschichte: von Vertrauen und Verrat, von Angst und Zuversicht, von Feigheit und Courage. Sie bietet deshalb auch Nichtchristen, Atheisten und Agnostikern einen Maßstab – für Menschliches, Allzumenschliches.

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