Bundeswehr: Tote und Verletzte in Afghanistan

Schwere Kämpfe mit Aufständischen im Distrikt Char Darah bei Kundus im Norden des Landes

  • Lesedauer: 3 Min.
Bei schweren Kämpfen sind in Nordafghanistan wurden am Freitag drei Bundeswehrsoldaten getötet und mehrere schwer verletzt.

Kundus/Potsdam (dpa/ND-Heilig). Es ist der erste tödliche Zwischenfall für die deutschen ISAF-Einsatzkräfte in diesem Jahr. Bei einem stundenlangen Feuergefecht sind bei Kundus in Nordafghanistan am Freitag drei deutsche Soldaten getötet und mehrere schwer verletzt worden. Das Einsatzführungskommando bei Potsdam war noch am Abend zurückhaltend mit Informationen und Wertungen. Im Hauptquartier des Bundeswehr-Kontingents in Masar-i-Scharif, mehr als 100 Kilometer westlich von Kundus, herrschte am Nachmittag Hektik und Trauer. Es dauerte lange, bis sich die Lage klärte. Erst Stunden später wurde bestätigt: Es gab drei Tote und fünf Schwerverletzte.

Noch am Abend dauerten die Gefechte an. Daran waren – laut afghanischen Quellen – bis zu 200 Aufständische beteiligt. Die deutschen Soldaten seien mit automatischen Waffen und Panzerfäusten aus verschiedenen Richtungen angegriffen worden. Die Rede ist auch von Sprengfallen, in die ein deutsches Fahrzeuge geriet.

Wieder einmal bewahrheitet sich die interne Einschätzung des deutschen ISAF-Kommandos, laut der die Taliban seit gut einem Jahr auch im Nordbereich – gut vernetzt – das gesamte Spektrum des asymmetrischen Kampfes beherrschen und die deutschen Truppen immer öfter in die Defensive treiben. Bereits 2009 haben sich die Anschläge auf Bundeswehrsoldaten im Vergleich zum Vorjahr verdreifacht. Unlängst bestätigte der Chef des Einsatzführungskommandos, Generalleutnant Rainer Glatz: »Im Raum Kundus haben wir die Initiative verloren.« Um sie zurückzuerobern, dürfe man sich nicht länger im Camp einigeln, sondern müsse sogenannte Einsatzbasen in der Fläche schaffen. Aus denen sollen dann deutsche Einheiten gemeinsam mit afghanischen Soldaten bis zu 30 Tagen autonom operationsfähig sein, erläuterte einer der Führungsoffiziere. Doch dazu fehlen vor allem Pioniergerät und Hubschrauber.

Die alte Polizeiwache in der als extrem gefährlich geltenden Region Char Darah ist ein Beispiel für solche Stützpunkte. Nach bisherigen Angaben scheinen die Bundeswehrsoldaten gestern gerade dabei gewesen zu sein, den Vorposten auszubauen. Das versuchen die Aufständischen zu verhindern. Deutsche Aufklärungsergebnisse besagen, dass das Gebiet bereits seit eineinhalb Jahren von den Taliban als eine sichere Ausgangsbasis für verschiedene Operationen gegen den aus Tadschikistanan rollenden Nachschub für alle ISAF-Einheiten genutzt wird. Die im Norden stationierten rund 5000 Kämpfer der afghanischen Armee meiden das Gebiet ebenso wie die schlecht ausgerüsteten Polizeieinheiten. 2009 hatte es in dem Distrikt eine große deutsch-afghanische Offensive gegeben, um die radikalislamischen Taliban zurückzudrängen. Das Ziel ist ganz offenbar nicht erreicht worden.

Während die Bundesregierung die Ergebnisse der Londoner Konferenz lobt, bei der die möglichst rasche Übergabe der Verantwortung an die afghanische Seite betont wird, wartet die Bundeswehr auf Verstärkung. Bis zum Sommer sollen bis zu 5000 US-Soldaten mit einer Hubschrauberbrigade sieben neue Stützpunkte im Verantwortungsbereich der Deutschen und unter deren Kommando errichten. Bislang operieren die US-Verbündeten in der Nordregion mit wenigen Spezialkräften. Sie versuchen, Taliban-Führer »auszuschalten«. Denselben Auftrag haben auch deutsche KSK-Elitesoldaten. Über deren Einsätze wird jedoch Stillschweigen bewahrt.

Im Norden Afghanistans sind derzeit etwa 4300 deutsche Soldaten stationiert. Das Bundestagsmandat zieht eine Obergrenze von 5350 Soldaten, wovon 350 als Reserve für Spannungszeiten dienen.

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