Sadr-Bewegung für Ende der Besatzung
Ruf nach Regierung der nationalen Einheit
Während Kriegs- und Besatzungsgegner in Damaskus zu einer Konferenz zusammenkamen, um die Auswirkungen von sieben Jahren Besetzung zu diskutieren, demonstrierten in Bagdad »Anti-Korruptions-Gruppen« mit einem traditionellen Marsch über die Al-Adhamia-Brücke, die den schiitischen Stadtteil Khadimia mit dem sunnitischen Adhamia verbindet. Sie forderten den Abzug der Zehntausenden ausländischen Soldaten und der privaten Sicherheitsfirmen. Durch Nadschaf marschierten Tausende Anhänger der Sadr-Bewegung mit überdimensionalen irakischen Fahnen und Parolen wie »Ja zu Irak, Nein zur Besatzung«. Scheich Hazem al-Araji verlas eine Botschaft des Klerikers Muktada al-Sadr, der sich seit drei Jahren im Exil befindet. »Die Menschen stimmten gegen Hunger, Verhaftungen und Terrorismus und dafür, dass die Baathisten nicht wiederkommen« – in Irak habe eine neue Ära begonnen: »Für Besatzer und Unterdrücker ist hier kein Platz mehr.«
Beobachtern zufolge richtete sich die Botschaft besonders an den noch amtierenden Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki, der die irakische Armee 2008 mit Unterstützung der USA-Truppen die Sadr-Miliz (Mehdi-Armee) blutig niederschlagen ließ. Tausende wurden gefangen genommen, viele befinden sich weiter ohne Anklage und Verfahren in Haft. 2005 war Maliki noch mit Unterstützung der Sadr-Bewegung ins Amt gekommen.
Bei einem inoffiziellen Referendum der Bewegung vor einer Woche hatten nach deren Angaben 1,43 Millionen Anhänger über den künftigen Regierungschef abgestimmt. Nuri al-Maliki und Ijad Allawi, deren Bündnisse bei den Wahlen die meisten Stimmen erhalten hatte, landeten abgeschlagen bei 10 und 9 Prozent, während Ibrahim al-Dschafari, 2005 schon einmal im Amt, mit 24 Prozent vorn lag. Politiker der Sadr-Bewegung schließen zwar eine Zusammenarbeit mit Maliki kategorisch aus, sprechen sich ansonsten aber für eine Koalitionsregierung aus, der die vier stärksten Fraktionen angehören sollen. Das sind Al Irakia (91 Mandate), die »Liste für Rechtsstaatlichkeit« (89), die Irakische Nationale Allianz (INA, 70) und die Kurdistan-Allianz (43). Sowohl den Kurden als auch der Sadr-Bewegung kommt eine Schlüsselrolle bei der Regierungsbildung zu. Letztere stellt mit 39 Abgeordneten die stärkste Fraktion in der religiösen INA-Allianz. Ein Sprecher von Großajatollah Ali al-Sistani forderte die Politiker auf, umgehend eine Regierung der nationalen Einheit zu bilden, in der »keine politische Komponente ausgeschlossen« sein dürfe.
Wie wichtig dabei die Nachbarstaaten sind, zeigt sich in der Reiseaktivität irakischer Politiker. Deren Ziele waren Teheran und Damaskus ebenso wie die saudische Hauptstadt Riad. Syriens Präsident Bashar al-Assad drückte seine Hoffnung aus, dass die Iraker künftig an einem Strang ziehen und die Einheit ihrer Nation erhalten. Ähnlich äußerte sich der iranische Botschafter in Bagdad, Hassan Kazemi Qomi, der erklärte: »Keine der erfolgreichen Wahllisten sollte ausgegrenzt werden.« Vorwürfe, Iran versuche sich in die Innenpolitik Iraks einzumischen, wies der Botschafter zurück. USA-Botschafter Christopher Hill forderte dagegen Teheran auf, Bagdad eigene Entscheidungen treffen zu lassen.
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