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MS Stubnitz sucht Retter
Rostocks Kulturschiff braucht mindestens 150 000 Euro für seine Erhaltung als Denkmal
»Wahnsinn«, dachte Eoin Moore, als er zum ersten Mal nachts im Rostocker Stadthafen und dann auf der MS Stubnitz landete: »Das ist ja besser als die besten Clubs in Berlin.« Das zumindest hat der Regisseur und Drehbuchautor, der jüngst in Rostock die neuen Folgen für die Fernsehserie »Polizeiruf 110« drehte, brühwarm der dortigen Presse erzählt. Dieser war dies gleich eine längere Homestory über Moore und seine neue Liebe zur Warnowstadt wert.
Wie auch immer: Das ehemalige Fischfangschiff – 1964 auf der Stralsunder Volkswerft gebaut, 1992 von einem Künstler- und Kulturverein als Veranstaltungsort übernommen und allmählich wieder fahrtüchtig gemacht – ist aus der Rostocker Kunst- und Kulturszene kaum noch wegzudenken. Beziehungsweise es wird schmerzlich vermisst, wenn es nicht da ist.
Und dies war zuletzt für längere Zeit der Fall; monatelang hatte sich das Schiff nicht im Heimathafen blicken lassen. 2009 lag es insgesamt nur sechs Wochen in Rostock vor Anker, mehrere Wochen verbrachte die MS Studnitz vergangenes Jahr dagegen in einem Stralsunder Dock. Anschließend ging das Schiff auf große Kulturfahrt, auch um die Reparaturkosten einzuspielen: Hamburg, Wilhelmshaven, Amsterdam, Aalborg und zuletzt Kopenhagen waren die Stationen.
Seit gut einer Woche können sich die Rostocker Nachtschwärmer nun aber wieder über den beliebten Veranstaltungsort freuen: Die MS Stubnitz öffnete ihre Schotten zunächst für eine »Kultsemester«-Party mit anschließendem Live Act.
Teure Instandhaltung
Beim jetzigen Aufenthalt in Rostock sollen indes nicht nur die emotionalen Verbindungen zum Heimathafen erneuert werden. Die Stubnitz-Macher versuchen vielmehr, eine nachhaltige Lösung für das ewige Finanzierungsproblem zu finden – die Instandhaltung des alten Schiffes ist alles andere als billig und hat den Verein bereits mehrfach an den Rand des Abgrunds gebracht.
Helfen soll jetzt eine Stiftung, die das Schiff, das seit 2003 als technisches Denkmal gelistet ist, als solches erhalten soll. Stubnitz-Macher Urs Bläser und Rostocks Stadtkonservator Peter Writschan, der die MS Stubnitz wegen ihres nahezu erhaltenen Originalzustands sehr schätzt, wollen nun auf Stiftersuche gehen.
»Für den Start« hieß es, brauche man mindestens 150 000 Euro, auf längere Sicht mehr. Denn allein der technische Unterhalt der Stubnitz verschlang in den letzten Jahren bis zu jeweils 100 000 Euro, Kulturbetrieb und Leistungen der Crew nicht eingerechnet. Spendern größerer Summen möchte Blaser unter anderem das Privileg einräumen, in einer Passagierkabine an Überseefahrten teilzunehmen.
Praktisch ausgeräumt ist laut Bläser immerhin ein anderes Problem für die Stubnitz: die erforderliche Ankergenehmigung im Rostocker Stadthafen. Als für internationale Gewässer zugelassenes Schiff brauchte die Stubnitz nach Bläsers Darstellung für ihren dortigen Dauerliegeplatz mit Publikumsverkehr bislang eine Sondergenehmigung, während sie – ohne Veranstaltungsöffentlichkeit – im Überseehafen jederzeit ankern dürfe. Dies bringe die im Oktober 2008 in Kraft getretene Hafensicherheitsverordnung mit sich. Nun sei jedoch eine Lösung in Sicht – aufgrund »des goodwills der zuständigen Behörde für Hafensicherheit« sowie der »Initiative des Rostocker Hafenkapitäns Herrn Gisbert Ruhnke«.
Platz im Stadthafen
Jedenfalls liegt das Schiff nun wieder dort, wo es die Rostocker haben wollen: am Stadthafen, gleich gegenüber des Mau-Clubs. Dort kann nun die Suche nach Spendern beginnen – ein Konto sei schon eingerichtet, ein Flugblatt in Arbeit. Ob Stifter allerdings »Retter«-Leibchen geschenkt bekommen wie einst beim Hamburger FC St. Pauli, war bisher nicht zu verifizieren.
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