»Nur die Topleute verdienen viel Geld«

Der neue deutsche Meister Niclas Huschenbeth (18) sieht Weltmeister Anand im Vorteil

  • Lesedauer: 2 Min.
Er ist der umjubelte Aufsteiger im deutschen Schach. Obwohl nur als Nr. 16 der Setzliste gestartet, hat NICLAS HUSCHENBETH aus Hamburg die deutsche Meisterschaft in Bad Liebenzell (Schwarzwald) gewonnen. Wie er den Durchmarsch schaffte und wen er demnächst bei der WM zwischen Titelverteidiger Anand (Indien) und Herausforderer Topalow (Bulgarien) in Sofia vorne sieht, wollte ND-Mitarbeiter RENÉ GRALLA vom 18-jährigen Abiturienten wissen.
Computerboxen bei Huschenbeths: Niclas (l.), Geschwister, Mutter Ines
Computerboxen bei Huschenbeths: Niclas (l.), Geschwister, Mutter Ines

ND: Sie hängten eine ganze Reihe von Konkurrenten ab, die nach der rangliste nominell stärker waren. Haben Ihre Mitbewerber Sie unterschätzt?
Huchenbeth: Das glaube ich nicht unbedingt. Die anderen haben einfach bloß nicht so hart gekämpft wie ich. Hätte der Zweitplazierte Khenkin irgendwo doch noch mal eine Partie gewonnen, anstatt wieder ein Unentschieden zu vereinbaren, wäre er jetzt deutscher Meister.

Die Remis-Schieberei hat sich gerächt.
Das ist eben einfach eine Sache des Charakters: ob Sie den Mut haben, auf Sieg zu spielen, oder ob Sie Angst haben, eventuell zu verlieren.

Wie geht es weiter? Sie stehen kurz vor dem Abitur. Und dann?
Ich werde bei der Bundeswehr in der Sportförderkompanie meinen Wehrdienst ableisten.

Können Sie sich vorstellen, Schachprofi zu werden?
Eher nicht. Da verdienen nur die Topleute so viel Geld, dass sich das lohnt. Ich werde erst einmal sehen, wie weit ich in der nächsten Zeit komme, bevor ich entscheide, in welche Richtung ich gehe.

Heute wird das WM-Duell Anand - Topalow eröffnet. Wie schätzen Sie Herausforderer Topalow ein?
Topalow ist ein großer Kämpfer. Er spielt nicht immer solide, aber gerade das macht ihn unberechenbar. Manche Turniere gewinnt er ganz überragend, und zuletzt ist er in guter Form gewesen. So hat er zu Beginn des Jahres im spanischen Linares Platz eins belegt.

Böse Zungen unterstellen den Bulgaren, dass sie vielleicht schmutzige Tricks für ihren Mann versuchen.
Bei der WM 2006 im kalmückischen Elista zwischen dem Russen Kramnik und Topalow gab es ja tatsächlich den so genannten »Toilettenskandal«.

Damals war Kramnik während der Partien auffällig oft auf dem WC verschwunden. So dass ihn die Bulgaren verdächtigten, sich dort mit dem Computer zu beraten ...
Ich hoffe, dass der Wettkampf in Sofia ohne vergleichbare Probleme über die Bühne geht. Diesen Imageschaden kann sich niemand leisten. Die verzögerte Anreise von Anand und seine Extrawünsche zum Beginn der ersten Partie haben schon genug Wirbel gemacht.

Nun zum Titelverteidiger. Wie schätzen Sie Anand ein?
Er ist Weltmeister. Eigentlich sagt das schon fast alles. Und Zweikämpfe scheinen ihm besonders zu liegen. Er spielt solider als Topalow, und nach Niederlagen knickt er nicht gleich ein. Ich glaube, dass Anand die besseren Nerven als Topalow hat. Das könnte den Ausschlag geben.

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