Schlussfolgerungen à la Hermann
Bayerns Innenminister zum Tod Eisenbergs
München (dpa/ND). Ein Jahr nach dem Tod des Regensburger Studenten Tennessee Eisenberg in einem Hagel von Polizeikugeln will Innenminister Joachim Herrmann (CSU) Vorkehrungen treffen, um ähnliche blutige Polizeieinsätze in der Zukunft verhindern.
Die beteiligten Polizisten seien von Eisenberg bedroht worden und hätten in Notwehr gehandelt, sagte Herrmann am Mittwoch vor dem Innenausschuss des Landtags. Auch wenn den Polizisten strafrechtlich nichts vorzuwerfen ist, will Herrmann »alles tun, damit sich solche Geschehensabläufe nicht wiederholen«. Verbessern will Herrmann die Schulung der Polizisten und die Organisation solcher Einsätze.
SPD und Grüne kritisierten die Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen die zwei Beamten, die Eisenberg erschossen. Sie haben Zweifel, dass die Polizisten wirklich in Notwehr schossen.
Bei dem Einsatz führte nach Herrmanns Einschätzung »eine Verkettung unglücklicher Faktoren« zu Eisenbergs Tod. Am 30. April 2009 ging um 10.43 Uhr ein Notruf von Eisenbergs Mitbewohner bei der Polizei ein. Er war aus der Wohnung geflohen, nachdem Eisenberg ihn eine Stunde lang mit einem Messer bedroht und von Selbstmord gesprochen hatte. Innerhalb kürzester Zeit trafen fünf Streifenwagen, ein Notarzt und ein Rettungswagen vor dem Haus ein. Fünf Polizisten klingelten in dem sehr engen Treppenhaus an Eisenbergs Tür, worauf der Student mit einem langen Messer bewaffnet herauskam und die Beamten die Treppe hinunterdrängte.
Laut Polizei versuchten die Beamten erfolglos, Eisenberg mit Pfefferspray und Schlagstock zu stoppen. Im Hauseingang drängte er zwei Polizisten in die Enge – von denen einer der beiden möglicherweise in Panik die Haustür nicht mehr fand. Nach mehreren Drohungen feuerten zwei Polizisten zwei Magazine leer – insgesamt 16 Schüsse. Der Einsatz dauerte sechs Minuten, bis Eisenberg tot zusammenbrach.
»Es war ein Polizeieinsatz mit einem sehr belastenden Ende«, sagte Herrmann. »Ich bedauere den tragischen Tod und möchte den Angehörigen und Freunden mein Mitgefühl aussprechen«, sagte der CSU-Politiker.
Schwäche des Einsatzes war nach Herrmanns Einschätzung, dass es keinen Einsatzleiter gab. Die Polizisten sollen besser für Einsätze in engen Räumen geschult werden. Außerdem prüft das Innenministerium, ob mehr Beamte mit langen Teleskop-Schlagstöcken ausgerüstet werden.
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