Rufe »Mörder, Mörder« auf Beerdigung
Colonia-Dignidad-Gründer Schäfer in Chile beigesetzt
Santiago (dpa/ND). Bei der Beerdigung des früheren Chefs der berüchtigten Deutschen-Siedlung Colonia Dignidad im Süden Chiles, Paul Schäfer, ist es zu Protesten gekommen. »Mörder, Mörder«, riefen Anwohner, als der Sarg Schäfers aus einer Kapelle in der Hauptstadt Santiago gebracht wurde. Andere bewarfen den Leichenwagen mit Erde. Schäfer, der am Sonnabend im Alter von 88 Jahren in einem Gefängnishospital Santiagos gestorben war, wurde auf dem Friedhof Parque del Recuerdo Cordillera im Stadtteil Puente Alto von Santiago beigesetzt.
Die einzige Verwandte Schäfers, seine Adoptivtochter Rebeca, mied jeden Kontakt mit den Medien. Die Bewohner der früheren sektenartigen Colonia Dignidad, die heute Villa Baviera (Bayerisches Dorf) heißt, hatten eine Beerdigung auf dem Gelände des riesigen Gutes abgelehnt. Der Laienprediger Schäfer hatte Anfang der 60er Jahre das Gut gegründet und bis Anfang der 90er despotisch über die etwa 300 Siedler geherrscht.
Schäfer war wegen Mordes, Folter, sexuellen Missbrauchs Minderjähriger und anderer Verbrechen zu einer Haftstrafe von insgesamt 33 Jahren verurteilt worden. Der Sprecher der Siedlung, Martin Matthusen, sagte der Nachrichtenagentur dpa: »Wenn ein Mensch stirbt, ist das immer traurig, und der Tod vielleicht nicht der Augenblick, um Urteile zu fällen.« Es mache die Siedler jedoch traurig, dass Schäfer nie um Entschuldigung gebeten habe. Beim chilenischen Volk bitte die Siedlung erneut um Vergebung für alles Leid, das durch Mitglieder angerichtet worden sei.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.