Ein neues Kraftwerk in weiter Ferne
Braunkohleförderer Mibrag steigert Gewinn – und will gegen Nachteile beim Zertifikathandel klagen
Für ein neues Braunkohlenkraftwerk in Profen in Sachsen-Anhalt läuft die technische Feinplanung. Das ist aus Sicht des Kohleförderes Mibrag die gute Nachricht. Allerdings ist derzeit völlig unklar, wann Geld für die Investition fließt, was wiederum stark davon abhängt, wie sich die Vorgaben für die Energieerzeugung in Deutschland entwickeln. Man erwarte das Energieprogramm der Bundesregierung und dessen Aussagen zur Kohleverstromung, sagte Joachim Geisler, der Chef der Mibrag-Geschäftsführung, gestern bei Vorstellung der Unternehmensbilanz.
Der Kraftwerksbau steht damit trotz des Eigentümerwechsels weiter in den Sternen. 2009 war der ostdeutsche Kohleförderer, der zuvor zwei US-Gesellschaften gehört hatte, vom tschechischen Energiekonzern CEZ übernommen worden. Davon hatte man sich Rückenwind für die Baupläne erhofft. Allerdings hatte Geisler bereits voriges Jahr den Termin für den Neubau von 2012 auf 2015 verschoben. Ob es dabei bleibt, ließ er offen: Man hoffe nun, sich »im nächsten Jahr« fundiert äußern zu können. Prinzipiell, hieß es, halte man an dem Vorhaben fest.
Damit steht auch weiter die Erschließung eines neuen Abbaufeldes und der Braunkohleabbau in der Gegend von Lützen auf dem Plan. Ob in dem Revier, in dem auch das Nietzsche-Geburtshaus in Röcken liegt, tatsächlich die Bagger anrollen, hängt aber davon ab, ob das Kraftwerk gebaut wird. Entschieden werde »erst, wenn für diese Investition die Freigabe erteilt wurde«, sagt Geisler unter Verweis auf eine mit dem Wirtschaftsministerium Sachsen-Anhalt abgestimmte Sprachregelung.
Mit der Kohle aus den beiden bestehenden Gruben hat die Mibrag 2009 trotz der Wirtschaftskrise gutes Geld verdient. Insgesamt wurden knapp 20 Millionen Tonnen Braunkohle gefördert, die vor allem in den Kraftwerken Lippendorf und Schkopau sowie drei kleineren, eigenen Kraftwerken zu Strom und Wärme umgewandelt wurden. Der Verkauf von Kohle, Strom und Kohlenstaub brachte dem Unternehmen einen Umsatz von 384 Millionen Euro, 17,2 Prozent mehr als 2008. Man habe von den hohen Energiepreisen profitiert, sagte Geisler. Der Gewinn vor Steuern und Zinsen stieg um über 60 Prozent auf 64 Millionen Euro.
Zurückhaltender als früher äußert sich das Unternehmen angesichts solch guter Zahlen zu den Lasten aus dem Handel mit Emissionszertifikaten. Hatte Geislers Vorgänger noch Gefahren für die Existenz der Mibrag beschworen, sagt der jetzige Chef nüchtern, das Unternehmen habe 2009 rund 25 Millionen Euro für die Verschmutzungszertifikate zahlen müssen, deren Preis zuletzt von 50 auf zehn Euro je Tonne Kohlendioxid sank. Von 2008 bis 2012 muss die Mibrag 130 Millionen Euro berappen.
Allerdings bleibt das Unternehmen entschlossen, gegen die Deutsche Emissionshandelsstelle zu klagen. Die hatte der Mibrag eine Härtefallregelung verwehrt, die ihr ursprünglich zugestanden werden sollte, wenn sie ihre alten Kraftwerke durch den Neubau ersetzt – diese gehören zu den schmutzigsten in Deutschland. Die Zertifikate werden seit 2008 je nach Effizienz verteilt. Im Oktober 2009 war der Mibrag-Antrag abgelehnt worden – ungerechtfertigt, wie das Unternehmen glaubt. Derzeit werde die Klageschrift abgeschlossen, sagt Geisler: »Wir wollen auf rechtlichem Wege das verfolgen, wovon wir glauben, dass es uns zusteht.«
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