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Hochwasser in der Wahlkampagne

Ausrufung des Katastrophennotstands würde Abstimmung in Polen verzögern

  • Julian Bartosz, Wroclaw
  • Lesedauer: 2 Min.
Seit fünf Tagen steht der Süden Polens unter Wasser. An die Flussgebiete der Oder und der Weichsel angrenzende Regionen wurden durch anhaltenden Regen überschwemmt.

An nahezu hundert Stellen übersteigt die Flut um mehrere Meter die Alarmstufe. Trotz des Einsatzes Tausender Feuerwehrmänner, Soldaten, Freiwilliger und der Betroffenen selbst durchbrach die Flut an zig Stellen die Dämme. Es gibt Tote. Ganze Dörfer und Stadtbezirke entlang der Ströme von der Außenwelt abgeschnitten, Tausende Menschen evakuiert, die Felder unter Wasser, Stromausfall und fehlende Versorgung – das ist die Lage, in der die Kampagne der für den 10. Juni angesetzten Präsidentenwahl stattfindet.

Die bisher in den südlichen Wojewodschaften – Karpatenvorgebirge, Kleinpolen, Schlesien und Niederschlesien – äußerst bedrohliche Situation erfasst allmählich auch weiter im Norden liegende Regionen – bis hinauf nach Masowien und Großpolen. Zwar ließ am Mittwoch und Donnerstag der Regen nach, die Prognosen für die nächsten Tage sind aber keinesfalls optimistisch. In allen Fernsehberichten sind Klagen der Flutopfer zu hören, dass es sogar noch schlimmer sei als 1997.

Premier Donald Tusk – wie das amtierende Staatsoberhaupt, Sejmmarschall Bronislaw Komorowski, an vielen Stellen der Katastrophengebiete zugegen – hörte die Flüche der Betroffenen wegen der Vernachlässigung der wassertechnischen Anlagen und versprach, dass allen Geschädigten, ob versichert oder nicht, sofortige Hilfe zuteil werde.

Doch die Ausrufung des Katastrophennotstands sei noch nicht notwendig. Dadurch würde sich nämlich die Präsidentenwahl um 90 Tage verschieben. Nach Artikel 228 wäre ein Wahlakt ausgeschlossen. Komorowski, Kandidat der regierenden Bürgerplattform (PO), versprach ein Gutachten von Verfassungsexperten darüber, ob bei der derzeitigen Lage der Notstand ausgerufen werden müsse. Dies sollte gestern auch Thema im Nationalen Sicherheitsrat sein.

Für den heutigen Freitag ist eine Sejmdebatte angesetzt. Obwohl die Frage, wem eine Wahlverschiebung nützt – der PO oder der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS), Komorowski oder Jaroslaw Ka-czynski – offiziell nicht gestellt wird, steht sie im Raum. Kaczynski hat den für Sonnabend angekündigten Beginn seiner Wahlkampagne in Warschau abgesagt. Seiner Partei würde eine Verschiebung mehr Zeit für Kritik an der Regierung geben. Letztere hätte es verdient, denn kein einziges Versprechen, auch bezüglich der Überschwemmungsvorsorge, wurde von ihr eingehalten.

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