Immunsystem Vatikan

  • Ingolf Bossenz
  • Lesedauer: 1 Min.

Es war die spektakulärste Forderung im Gefolge des Missbrauchsskandals der katholischen Kirche: Papst Benedikt XVI. solle vor einem weltlichen Gericht erscheinen. Dieser von einem US-Anwalt gestellte Antrag dürfte sich jetzt wohl erledigt haben. Auf Bitte des Obersten Gerichts der Vereinigten Staaten äußerte sich die Regierung in Washington zu dem Fall und sprach sich klar gegen eine Aufhebung der Immunität des Vatikans aus. Was angesichts möglicher diplomatischer Verwicklungen nicht verwundert. Doch das unpopuläre Ansinnen des Anwalts Jeff Anderson setzte durchaus ein Signal. Denn, so Anderson, die Missbrauchsprobleme »führen zurück nach Rom. Nichts wird sich ändern, bis sich die Vertreter dort ändern.« In der Tat: Die katholische Weltkirche ist eine von der Zentrale straff organisierte und geführte Organisation. Und diese Zentrale ist zugleich ein Staat, der als absolutistische Theokratie einen schwer zu überbietenden Anachronismus darstellt. Aber sie ist eben auch ein Staat, den bei entsprechender Notwendigkeit zu kritisieren eine selbstverständliche Pflicht von Politikern sein sollte. Eine solche Intervention haben europäische wie überseeische Politiker bei der Skandalserie der Una Sancta um Gewalt und Missbrauch bislang vermissen lassen. Schließlich hoffen sie auch künftig auf legitimierenden Beistand.

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