Streit um Sudans Staatschef Baschir

Franco-afrikanischer Jubiläumsgipfel wurde nach Nizza verlegt

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 3 Min.
Der 25. franco-afrikanische Gipfel, der Anfang nächster Woche in Nizza stattfindet, sollte turnusmäßig eigentlich in Ägypten abgehalten werden. Doch der Streit um Sudans Präsidenten Baschir sorgte für die Verlegung.

Ursprünglich war das ägyptische Seebad Scharm el Scheich als Gipfelort vorgesehen, doch dorthin wäre auch der sudanesische Präsident Omar el Baschir gekommen, gegen den ein internationaler Haftbefehl wegen seiner Verantwortung für den Bürgerkrieg gegen die Minderheitsbevölkerung der Provinz Darfur vorliegt. Wie die meisten afrikanischen und arabischen Staaten erkennt auch Ägypten diese Anklage nicht an, während Frankreich zu den Initiatoren des Verfahrens vor dem Internationalen Strafgerichtshof gehört. Präsident Nicolas Sarkozy wollte Baschir keinesfalls begegnen, und darum überzeugte er den ägyptischen Präsidenten Mubarak, auf die Ausrichtung des franco-afrikanischen Gipfels zu verzichten und der Verlegung nach Nizza zuzustimmen. Dorthin wird sich Baschir nicht wagen, weil ihm die sofortige Verhaftung droht.

Aber auch das Hauptthema dieses Jubiläumsgipfels, die 50 Jahre zurückliegende Entlassung von 14 französischen Afrika-Kolonien in die Unabhängigkeit, lässt keine Feststimmung aufkommen. Zu unterschiedlich sind die Sicht auf die Vergangenheit und der Anspruch an die heutigen Beziehungen zwischen beiden Seiten. Das war schon vor Wochen bei den Feierlichkeiten in der senegalesischen Hauptstadt Dakar deutlich geworden, als in der Parade eine Formation der im Lande stationierten französischen Légion étrangère mitdefilierte. In der Öffentlichkeit des Landes waren die Reaktionen darauf oft heftig und verbittert.

Doch noch kritischer wird die Idee Präsident Sarkozys aufgenommen, Militärs der ehemaligen Kolonien am 14. Juli, dem französischen Nationalfeiertag, an der Parade auf den Pariser Champs-Elysées teilnehmen zu lassen. »Das ist, als ob man eine Scheidung feiern wollte«, meint der Rundfunkkommentator Joachim Vokouma. »Muss man daran erinnern, wie viel Tod und Elend der Kolonialismus gebracht hat und wie die ehemaligen Kolonien noch heute – wenn auch subtiler – für die Interessen Frankreichs ausgeplündert werden? Der Sklavenhalter feiert die Freiheit seiner ehemaligen Sklaven, die er weiter an der Kette hält!« Zudem hätten die Armeen, die da in Paris mitparadieren sollen, oft eine unrühmliche Rolle bei der Unterdrückung der eigenen Bevölkerung und bei der Festigung der Herrschaft skrupelloser Diktatoren gespielt.

Nabbi Ibrahimm Souma, ein renommierter Jurist aus Guinea, schätzt ein: »So feiert man gewissermaßen die doppelte Ausplünderung der Afrikaner – erst durch den Kolonialismus und dann durch die Krake ›Franceafrique‹, die zynische Interessenverquickung zwischen den Herrschenden in Frankreich und den ehemaligen Kolonien.« In der senegalesischen Zeitung »Walfadjiri« fragte der Kommentator Abdou Rahmane Mbengu: »Was haben wir aus aus diesen 50 Jahren gemacht? Ist der Zustand unserer Länder nicht eher Anlass zur kritischen Selbstbesinnung als zum Feiern?«

Es wird auch angemerkt, dass das Jubiläum oft dazu dient, Geschichte umzuschreiben. So wird in Kamerun, wo die Unabhängigkeit durch einen opferreichen Kampf errungen wurde, die Rolle der seinerzeitigen Befreiungsorganisation und ihres Führers Ruben Um Nyobe durch die heutigen Machthaber, die dieses Erbe verraten haben, totgeschwiegen und die Erinnerung daran verfolgt.

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