Kein Ende der Zitterpartie
Staatshilfen für Opel sind längst nicht beschlossene Sache
Berichte über ein Nein des Lenkungsrats, eines Beratergremiums beim Wirtschaftsministerium, zu den Opel-Beihilfen, bezeichnete Opel-Gesambetriebsratschef Klaus Franz am Dienstag als »Falschmeldungen«. Eine solche »negative Empfehlung« gebe es nicht. Demgegenüber spricht das »Handelsblatt« von einem einstimmigen Beschluss des Lenkungsrats. Opel rechnet mit einer Bürgschaft von Bund und Ländern in Höhe von 1,1 Milliarden Euro. Sonst seien bundesweit 5000 Arbeitsplätze und ein kompletter Standort gefährdet, warnte der Frankfurter IG-Metall-Bezirksleiter Armin Schild.
Aus der Umgebung des Lenkungsrates wurde berichtet, dass das Gremium auf die positive Wirtschaftsentwicklung der US-Mutter General Motors (GM) verwiesen habe. Daher seien Subventionen nicht mehr notwendig. In den letzten Tagen hatte Thüringen eine Landesbürgschaft beschlossen. Auch der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) hatte sich grundsätzlich für eine Kreditbürgschaft ausgesprochen. Ohne die anderen Opel-Länder und die Bundesregierung könnten Zusagen jedoch hinfällig sein.
Unterdessen bestätigte eine IG-Metall-Sprecherin die Bereitschaft der Belegschaft zum Lohnopfer in Höhe von rund 265 Millionen Euro pro Jahr. Das sei aber eine Absichtserklärung und kein detaillierter Tarifvertrag. Die eingesparten Gelder sollen für die Entwicklung neuer Modelle eingesetzt werden. Opel will europaweit 8000 von 48 000 Arbeitsplätzen streichen, alle vier deutschen Werke jedoch erhalten. Damit verknüpft ist die Erwartung staatlicher Hilfen.
Mit dem Tauziehen um die Staatsgelder geht die Opel-Zitterpartie weiter. Im November 2009 war der Opel-Verkauf an Magna geplatzt. Bis dahin hatten viele Opelaner GM heftig kritisiert. Das Management habe »Milliarden an Geld verbrannt«, mit leeren Zusagen »Gelder von der Bundesregierung erschlichen« und die Opelaner »jahrelang in Produktion und Engineering gebremst«, so eine Rüsselsheimer Betriebsrätin.
Doch Parolen wie »GM hau ab« und »Yes we can – auch ohne GM« sind inzwischen »out«. Gesamtbetriebsratschef Franz hatte nach dem geplatzten Magna-Deal die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft verlangt. Dies sollte mehr Unabhängigkeit von GM bringen.
Unterdessen sind Forderungen nach mehr staatlichem Einfluss als Gegenleistung für Hilfen verstummt. So hatte Schild noch 2009 eine Staatsbeteiligung als »Ultima ratio, aber ratio« bezeichnet. »Öffentliche Gelder müssen dafür eingesetzt werden, Opel in öffentliche Hände zu überführen und unter die gemeinsame Kontrolle von Bund, Ländern und Belegschaften zu stellen, um alle Standorte und Arbeitsplätzen zu erhalten«, hatte die hessische LINKE gefordert.
Angesichts chronischer Überkapazitäten der Branche dürfte auch die Hoffnung vieler Opelaner, mit dem Hybridfahrzeug »Ampera« ab 2012 den Absatz zu sichern, trügerisch sein. Elektroautos seien »das Drittauto für die Frauen reicher Männer« und unterm Strich »genau so CO2-lastig wie herkömmliche Pkw«, so ein Kritiker.
Vorschläge, Autokonzerne in Richtung ökologisch verträgliche Mobilität umzurüsten und statt spritfressender Verbrennungsmaschinen etwa Straßenbahnmotoren zu bauen und so die Arbeitsplätze langfristig zu sichern, werden zwar von manchen Gewerkschaftern hinter vorgehaltener Hand diskutiert. Doch Betriebsrat wie IG-Metall-Gremien wollen davon nichts wissen. Ob bei steigendem Leidensdruck solche Debatten salonfähig werden, muss sich zeigen.
Wer entscheidet?
Lenkungsausschuss: Vertreter von Wirtschafts-, Finanz- und Justizministerium sowie ein Kanzleramtsgesandter entscheiden, ob die Kriterien für Staatshilfen erfüllt sind.
Lenkungsrat: Ökonomen und Wirtschaftslobbyisten beurteilen Hilfen aus praktischer Sicht.
Deutschlandfonds: Vergibt Hilfen bei wirtschaftlichen Problemen, die durch die Krise verursacht sind.
Bürgschaftsausschuss: Vertreter des Wirtschafts- und Finanzministeriums sowie der betroffenen Bundesländer beraten hier über die Bürgschaften.
Bundeskanzlerin: Könnte ein Machtwort sprechen. dpa
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