Der Griller von Greifswald

Symbolpolitik am Bodden mit Wilhelm Schelsky

  • Velten Schäfer
  • Lesedauer: 2 Min.

Für das dringend vom Schweriner Sozialministerium oder Landtagspräsidium aufzulegende Handbuch »99 Bärendienste – wie man am effektivsten die Demokratie desavouiert« hat die Greifswalder Bürgerschaft soeben einen neuen Höhepunkt vorgelebt. Die Maxime der Negativ-PR-Aktion am Bodden ist, allgemein gesagt, die Folgende: Liegt Deine Stadt inmitten eines strukturschwachen und massiv vom Rechtsradikalismus befallenen Gebietes, in dem die Leute nicht zu Wahlen gehen und Politik für einen Amigo-Selbstbedienungsladen halten – dann stelle sicher, dass Deine symbolischen Handlungen dort stattfinden, wo es am meisten muffelt!

Als es zum Wochenende 20 Jahre freie Bürgerschaftswahlen zu feiern gab, besuchten die Stadtvertreter denn auch ausgerechnet Wilhelm Schelsky. Den Strippenzieher und Scheingewerkschafter der achtziger Jahre, den vorpommerschen Spenden-Paten, der als Quelle deklarierter und nicht deklarierter Gelder die halbe CDU unterstützte.

Der Mann ist nämlich wieder in der Stadt und »hilft« seiner Lebensgefährtin, die etwa die Gaststätte »Golden Goal« beim Fußballstadion betreibt. Dort konnte Schelsky zwischen Grillen und Bierzapfen in allen Ehren alten Freunden die Hand geben – etwa Ulrich Adam, dem Ex-CDU-MdB aus Greifswald, dessen Wahlen Schelsky einst finanziert hatte.

Der Griller von Greifswald, 2008 wegen diverser Machenschaften zwischen Siemens-Konzern, »Gewerkschaft« AUB und »Berater«-Jobs zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt, ist seit einem dreiviertel Jahr auf freiem Fuß. Der Grund: Das Urteil gegen ihn ist wegen einer laufenden Revision vor dem Bundesgerichtshof nicht rechtskräftig.

1500 Euro hat »Golden Goal« für das zünftige Grillfest der Bürgerschaft kassiert. Um die Höhe der Summe geht es jenen Stadtvertretern auch nicht, die wie Linksfraktionschef Gerhard Bartels dem »Event« lieber fernblieben. Den Kritikern geht es um Symbolik – aber auch um Details: Die Bürgerschaft habe eigentlich woanders feiern wollen, nämlich im »St. Spiritus«. Nur weil dort alles belegt gewesen sei, sei man ins »Golden Goal« gezogen, heißt es bei der Stadt. Doch offenbar stimmt das auch nicht. Gegenüber dem Studentenmagazin »WebMoritz« hat das »St. Spiritus« eine Ausbuchung für jenen Abend dementiert.

Quod erat demonstrandum.

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