Frankreich lässt Forscher kentern
Staatliches Geld für Expedition gestrichen / Dreimaster »La Boudeuse« droht Versteigerung
Bei der Flottenparade vor der venezolanischen Hauptstadt Caracas aus Anlass des 200. Jahrestages der Unabhängigkeit der Länder Südamerikas durfte das Segelschiff »La Boudeuse« noch Frankreich vertreten. Im Anschluss gab der französische Botschafter einen Empfang an Bord des Schiffes. Das ist makaber, wenn man weiß, dass die französische Regierung maßgeblich Verantwortung trägt an der drohenden Zwangsversteigerung des Dreimasters.
Dabei hatte alles so hoffnungsvoll begonnen. Anfang 2009 überreichte Umweltminister Jean-Louis Borloo dem Kapitän Patrice Franceschi vor den Kameras der Presse feierlich den offiziellen Forschungsauftrag. Diese Zeremonie sollte daran erinnern, wie der Forschungsreisende Louis-Antoine de Bougainville (1729-1811) von König Louis XV. den Auftrag für seine Weltumsegelung mit den Schiffen »Boudeuse« und »Etoile« entgegennahm. Bougainville hatte vor allem Südamerika und Ozeanien erkundet. Und nebenbei noch Ansprüche Frankreichs auf »herrenlose« Territorien erklärt, wie beispielsweise Tahiti und die umliegenden Inseln des heutigen französischen Überseeterritoriums Polynesien.
Die Expedition der neuen »Boudeuse« sollte friedlichen und rein wissenschaftlichen Charakter haben. Vor allem ging es darum, die durch wirtschaftlichen Raubbau, Umweltverschmutzung und damit verbundene Klimaveränderungen bedrohte Artenvielfalt in Südamerika und die Gefährdung der Inseln des Pazifik durch den Anstieg des Meeres zu dokumentieren. Damit sollte zugleich für einen verantwortungsvolleren Umgang mit der Natur geworben werden.
Als Teilnehmer des regelmäßig auszutauschenden Forscherteams auf dem Segler hatten sich mehr als 100, zumeist junge Wissenschaftler gemeldet. Das Budget der Expedition war auf 2,5 Millionen Euro veranschlagt worden, die von einem Dutzend Sponsoren aufgebracht werden sollten. Die laufenden Kosten streckte die Bank BNP Paribas vor, die mit einem Beitrag von 500 000 Euro einer der Hauptsponsoren ist. Doch da auf dem Konto der Expedition bis heute nur rund eine Million Euro eingegangen sind und die Kosten diese Summe schon weit übersteigen, hat die Bank jetzt auf den Abbruch der Fahrt gedrängt. Die Hauptschuld für das Scheitern dieser ehrgeizeigen Expedition trifft aus der Sicht von Kapitän Patrice Franceschi das Umweltministerium. Minister Borloo nämlich zog seine Zusage für 500 000 Euro unter Hinweis auf »krisenbedingte Sparzwänge« zurück. Jetzt geht es nur noch darum, bei den Sponsoren oder neuen Spendern die nötigen Mittel aufzubringen, um die auf 400 000 Euro angewachsenen Schulden zu tilgen und eine Versteigerung des Schiffes vielleicht doch noch in letzter Minute abzuwenden.
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