Besuch ohne Gefahr
Deutsche Fan-Arbeiter kümmern sich um Sicherheit der Anhänger
Wenn es jemanden gibt, der den Kontrast zwischen den vergangenen Fußballturnieren und der WM in Südafrika beschreiben kann, dann ist es Michael Gabriel. »Wir wollen den Fans ein Gefühl der Sicherheit ver-mitteln, sie sollen sich willkommen fühlen und das Land kennenlernen«, sagt der Leiter der Koordinationsstelle Fanprojekte in Frankfurt, des deutschen Dachverbandes pädagogischer Fanarbeit. Gabriel ist mit sechs Kollegen nach Südafrika gereist, um den deutschen Anhängern das Turnierleben zu erleichtern. Er weiß, dass das keine leichte Aufgabe wird.
Denn immer wieder dringen Meldungen wie jene aus einem Hotel nahe Johannesburg nach Europa. In der Nacht zum Mittwoch waren drei Journalisten in einem als sicher geltenden Hotel überfallen worden, einem wurde eine Pistole an den Kopf gehalten. Drei Tage zuvor war während eines Testspiels in Johannesburg zwischen Nigeria und Nordkorea eine Massenpanik entstanden, bei der 16 Menschen verletzt wurden. Dazu wird täglich die Statistik von 50 Morden im Land bemüht. »Die mitreisenden Fans müssen sich an spezielle Regeln halten«, sagt Michael Gabriel, der sich statt Hysterie für Sachlichkeit ausspricht. Seine Taktik: Aufklärung und Diplomatie.
Seit der EM 1988 im eigenen Land kümmern sich Fanbetreuer um deutsche Anhänger, von Turnier zu Turnier wurde das Netzwerk professioneller. Die Pädagogen mussten immer wieder zum Thema Fan-Gewalt Stellung nehmen, vor allem während der WM 1998 in Frankreich, als deutsche Hooligans den Polizisten Daniel Nivel fast zu Tode prügelten. Zwei Jahre später, während der EM in Belgien und Holland, mussten sie auf martialische Polizisten eingehen, die viele Besucher als Kriminelle wahrgenommen haben. Nun, ein Jahrzehnt später, fliegen deutsche Fan-Arbeiter erstmals mit ihrem Team auf einen anderen Kontinent, obwohl mit rund 15 000 Fans so wenig Deutsche wie lange nicht mehr zu einer WM aufbrechen.
Die Sicherheitsdiskussion hat für Abschreckung gesorgt, laut des Weltfußballverbandes FIFA sollen zwar 98 Prozent der Tickets verkauft sein, doch zuletzt wurden fast 40 000 der Hospitality-Karten zurückgegeben. Gabriel wirbt daher für Differenzierung. Reisende stünden nicht automatisch unter Lebensgefahr. Es bedürfe einer guten Vorbereitung, doch Fans sollten sich auch auf Geschichte, Natur und Kultur Südafrikas einlassen. Schließlich verbringen Millionen Menschen Jahr für Jahr ihre Winter im Süden Afrikas.
Die Betreuer werden die Fans mit einem Fan-Mobil an den Spielorten erwarten, unterstützt von der deutschen Botschaft in Pretoria. Sie werden Fanzeitungen erstellen, Sicherheitshinweise verteilen und täglich ihre Internetseite aktualisieren. Zudem eröffnet der Fan Club Nationalmannschaft in Pretoria in der Nähe des deutschen Quartiers ein Fan-Dorf, wo Spiele auf Leinwänden gezeigt werden. Ein vergleichbares Programm haben nur die Engländer für ihre Fans zu bieten. »Der Fußball soll im Vordergrund stehen«, sagt Michael Gabriel. Spätestens wenn 95 000 Zuschauer heute während des Eröffnungsspiels Nelson Mandela zujubeln, wird die Sicherheitsdebatte verdrängt sein. Zumindest für neunzig Minuten.
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