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Recht so!
Standpunkt von Jörg Meyer
Wackelt die »herrschende Meinung« in der arbeitsrichterlichen Rechtsprechung? Vielen Bagatellkündigungen lag sie seit dem Bienenstichurteil von 1984 zugrunde. Kündigungsgrund war in vielen Fällen nicht der tatsächliche oder vermutete Diebstahl – egal wie groß der Schaden war –, sondern das »zerstörte Vertrauensverhältnis« zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Denn das Arbeitsrecht kennt keine Unschuldsvermutung. Doch die Arbeitsrichter in Erfurt haben anscheinend gemerkt, dass auch und gerade bei Bagatelldelikten zwar das Vertrauensverhältnis leidet, trotzdem aber mindestens der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eingehalten und Urteile mit Augenmaß gefällt werden müssen.
Wenn Normen und Werte sich ändern und wenn – wie Wolfgang Thierse es im Fall der Kassiererin Emmely gesagt hat – »barbarische Urteile von asozialer Qualität« gesprochen werden und die Öffentlichkeit angesichts immer neuer Bespitzelungsskandale und Drangsalierungen von Beschäftigten durch Arbeitgeber über derlei Urteile nur noch mit dem Kopf schüttelt, muss sich eben auch die Anwendung der Gesetze ändern. Das hat jetzt – auch dank der Beharrlichkeit des Solidaritätskomitees – zum Erfolg geführt. Emmely muss wieder eingestellt werden. Bagatelldelikte können zwar weiterhin Kündigungsgrund sein, das Erfurter Urteil ist dennoch Ausdruck einer gesellschaftlichen Stimmung, die ein Umdenken in der Rechtsprechung zumindest nahelegt.
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