Recht so!

Standpunkt von Jörg Meyer

  • Jörg Meyer
  • Lesedauer: 1 Min.

Wackelt die »herrschende Meinung« in der arbeitsrichterlichen Rechtsprechung? Vielen Bagatellkündigungen lag sie seit dem Bienenstichurteil von 1984 zugrunde. Kündigungsgrund war in vielen Fällen nicht der tatsächliche oder vermutete Diebstahl – egal wie groß der Schaden war –, sondern das »zerstörte Vertrauensverhältnis« zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Denn das Arbeitsrecht kennt keine Unschuldsvermutung. Doch die Arbeitsrichter in Erfurt haben anscheinend gemerkt, dass auch und gerade bei Bagatelldelikten zwar das Vertrauensverhältnis leidet, trotzdem aber mindestens der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eingehalten und Urteile mit Augenmaß gefällt werden müssen.

Wenn Normen und Werte sich ändern und wenn – wie Wolfgang Thierse es im Fall der Kassiererin Emmely gesagt hat – »barbarische Urteile von asozialer Qualität« gesprochen werden und die Öffentlichkeit angesichts immer neuer Bespitzelungsskandale und Drangsalierungen von Beschäftigten durch Arbeitgeber über derlei Urteile nur noch mit dem Kopf schüttelt, muss sich eben auch die Anwendung der Gesetze ändern. Das hat jetzt – auch dank der Beharrlichkeit des Solidaritätskomitees – zum Erfolg geführt. Emmely muss wieder eingestellt werden. Bagatelldelikte können zwar weiterhin Kündigungsgrund sein, das Erfurter Urteil ist dennoch Ausdruck einer gesellschaftlichen Stimmung, die ein Umdenken in der Rechtsprechung zumindest nahelegt.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.