Obamas Druck auf BP verärgert London

Ölpest am Golf von Mexiko belastet Beziehungen der Verbündeten Großbritannien und Frankreich

  • Reiner Oschmann
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Sympathie, die US-Präsident Obama in weiten Teilen Großbritanniens genießt, droht ein weiteres Opfer der Ölpest am Golf von Mexiko zu werden.

Obamas scharfe, weithin von eigener Hilflosigkeit getragene Kritik an Erdölmulti BP, der im April die größte Umweltkatastrophe seit Menschengedenken auslöste, verärgert Britanniens Öffentlichkeit. Das hat Gründe: Der nach ExxonMobil und Royal Dutch Shell drittgrößte Erdölkonzern ist auch Quelle milliardenschwerer Rentenfonds für Anleger, die wegen der Katastrophe um ihre Erlöse bangen.

Dem einstigen britischen Außenministers Malcolm Rifkind zufolge stellen die Dividenden des Erdölmultis BP »eine wichtige Komponente im Vermögen der Rentenfonds sowohl in Britannien als auch in den USA dar. BP gibt an, dass eines von sieben Pfund, das die Rentenfonds aus den Gewinnen der 100 im Aktienindex FTSE gelisteten Unternehmen ziehen, von BP stammt«. Diese Fonds befürchten große Verluste, sollte der Konzern seine Quartalsdividende Ende Juli wegen der riesigen Kosten der Ölpest kürzen oder aussetzen. Genau dies erwartet das US-Justizministerium von BP. Der Vorstand will am heutigen Montag die Dividende-Frage beraten. In Britannien haben 18 Millionen Bürger BP-Aktien oder profitieren von Rentenfonds mit Einlagen des Multis.

Rifkind ist nur einer der Politiker, die das Weiße Haus vor »anti-britischer Rhetorik« warnen. Er räumt die Verantwortung des Konzerns für die Folgen der Katastrophe ein und unterstützt den Präsidenten in dessen Forderung an BP, für den Schaden geradezustehen. Doch weitergehender Druck auf BP gefährde seine Existenz und »das Wohlergehen nicht nur britischer Rentner. 40 Prozent der BP-Aktien werden in den USA gehalten.« Der Marktwert des Konzerns ist seit Beginn der Pest von 120 Milliarden Pfund auf zuletzt 55 Milliarden Pfund gefallen. Greenpeace appelliert an kommunale Behörden in Britannien, die Abhängigkeit ihrer Rentenfonds von BP zu überdenken. Es sei falsch, öffentliche Mittel in einen Konzern zu investieren, der hochriskant arbeite.

Rifkinds Parteifreund und Minister unter Margaret Thatcher, Lord Tebbit, nannte die US-Kritik an BP »eine gemeine, bigotte und fremdenfeindliche Demonstration parteiischer und ideologischer Bockigkeit im Weißen Haus gegen ein multinationales Unternehmen«. Die neue konservativ-liberale britische Regierung unter Premier Cameron – ein Konservativer wie Rifkind und Tebbit – versucht, den Streit mit Washington nicht eskalieren zu lassen. Dem diente am Samstag Abend ein 30-Minuten-Telefonat Obamas mit David Cameron. Der Präsident versicherte dabei, seine Kritik an BP habe nichts mit »Nationalgefühlen« zu tun. Ihm war von Briten u. a. vorgeworfen worden, BP öffentlich »British Petroleum« genannt zu haben, eine Bezeichnung, die der Multi vor mehr als zehn Jahren abgelegt hat.

Vom Golf kommt derweil neue Hiobsbotschaft: Ein Gremium der US-Regierung verdoppelte die Schätzung des ausgelaufenen Öls. War bisher von täglich 12 000 bis 19 000 Barrel Öl (1 Barrel gleich 159 Liter) die Rede, werden nun 25 000 bis 30 000 Barrel genannt.

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