Englands alte Tragödie

Torhüter Robert Green verdirbt dem Mitfavoriten den WM-Auftakt

  • Marco Mader und Marc Schmidt (SID), Rustenburg
  • Lesedauer: 3 Min.

Sie wollten ihn nicht – und sie wussten, warum: »Flutschfinger« Robert Green hat England mit seinem unglaublichen Fehler den Start in die WM vermasselt und die Skeptiker im Team und in der Heimat bestätigt, die ihm schon lange vorwarfen: Er ist »zu grün«. Während im Fußball-Mutterland nach dem 1:1 gegen die USA das Wehklagen einsetzte und sich Green entschuldigte, brachte sich Rivale David James in Position.

»Ich habe die Nummer 1 auf dem Trikot und ich bin immer noch die Nummer 1 – ich habe nur nicht gespielt«, sagte James, der die Unterstützung seiner Mannschaftskollegen genießt. Vor dem zweiten Spiel am Freitag gegen Algerien versicherte er: »Ich bin bereit.« Ausgerechnet »Calamity« James, Katastrophen-James also, mögen einige Engländer denken. Die meisten hatten sich ohnehin Joe Hart als Torhüter gewünscht.

Auch Teammanager Fabio Capello war unsicher, erst am Spieltag entschied er sich für Green von West Ham United. »Ich habe Robert gebracht, weil er zuletzt sehr gute Spiele für uns gemacht hat«, sagte der Italiener: »In der zweiten Halbzeit hat er auch sehr gut gespielt und gegen Jozy Altidore das 1:2 verhindert. Aber ja: Ein Fehler bleibt ein Fehler.«

Green gab sich kämpferisch. »Ich hätte den Schuss halten müssen. Punkt. Aber so ist das Leben eines Torhüters. Von so was darf man sich nicht schocken lassen. Ich will wieder spielen und es gut machen«, sagte er tapfer.

Noch in der Halbzeitpause hatte sich Green bei seinen Mitspielern dafür entschuldigt, dass er den Engländern nach dem frühen Tor durch Kapitän Steven Gerrard (4.) vor in der 40. Minute »einen Schock« versetzte, wie es Gerrard nannte. Doch der neue Spielführer der Three Lions sagte auch: »Solche verrückten Dinge passieren. Wir sollten ihn nicht kritisieren, der Ball ist auch knifflig. Wir stehen hinter ihm.«

Die Torhüterdiskussion überlagerte andere Probleme. Wayne Rooney blieb lange blass. Die Abwehr um den hölzernen John Terry leistete sich manchen Patzer, im Spiel nach vorne fehlte Kreativität. Gegen Spielende, als Rooney endlich wach war, hatte England mehrfach die Chance zum 2:1 – doch die USA hatten einen Klassekeeper im Tor: Tim Howard, der auf der Insel beim FC Everton spielt, hielt den Punkt fest, wurde zum »Spieler des Spiels« gewählt.

Steven Cherundolo von Hannover 96 bedankte sich nach dem Spiel demonstrativ bei ihm. »In großen Turnieren brauchst du einen guten Torhüter. Ich bin froh, dass wir einen haben.«

England: Green – Johnson, Terry, King (46. Carragher), Cole – Lennon, Lampard, Gerrard, Milner (31. Wright-Phillips) – Rooney, Heskey (79. Crouch).

USA: Howard – Cherundolo, DeMerit, Onyewu, Bocanegra – Bradley, Clark, Dempsey, Donovan – Altidore (86. Holden), Findley (77. Buddle).

Tore: 1:0 Gerrard (4.), 1:1 Dempsey (40.).

Schiedsrichter: Simon (Brasilien).

Zuschauer: 38 646.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.