Tausende Erzieher fehlen
In Rheinland-Pfalz will die Familienministerin Arbeitslose umschulen
Die rheinland-pfälzische Familienministerin Kristina Schröder will gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg arbeitslose Männer zu Erziehern umschulen. Fachleute sehen diesen Weg mit großer Skepsis, zumal damit der personelle Mangel in diesem Beruf keineswegs ausgeglichen werden kann.
Allein in Rheinland-Pfalz, wo ein Rechtsanspruch auf Betreuung für Zweijährige ab 1. August 2010 gesetzlich festgelegt worden ist, werden in drei Jahren zwischen 2000 und 5000 Erzieher und Erzieherinnen fehlen. Das geht aus einer Studie des Instituts für Bildungs- und Sozialpolitik an der Fachhochschule Koblenz hervor, die jetzt in Mainz vorgestellt wurde. Prof. Stefan Sell, der den Personalbedarf an Kindertageseinrichtungen in Rheinland-Pfalz im Auftrag des Bildungsministeriums untersucht hat, ging es in seiner Arbeit vor allem um die Gründe der Personalnot.
Die Studie kommt unter anderem zu dem Ergebnis, dass viele Erzieherinnen und Erzieher bereits nach zwei Jahren Berufserfahrung aufgeben. Auch kehren viele Erzieherinnen nach der Familienpause nicht wieder in ihren Beruf zurück. Außerdem wird in der Studie belegt, dass viele Erzieherinnen bereits mit 59 Jahren ausscheiden und in Rente gehen, weil sie den Belastungen des Jobs nicht mehr gewachsen sind.
Im Mainzer Bildungsministerium wollen die Verantwortlichen jetzt Schlüsse aus den Ergebnissen der wissenschaftlichen Untersuchung ziehen. An den Fachhochschulen sollen für Erzieher zusätzliche Klassen eingerichtet werden. Auch soll eine qualifizierte Umschulung mit staatlich anerkanntem Abschluss in die Wege geleitet werden. Ferner ist daran gedacht, die Verträge von Teilzeit-Erzieherinnen zu ändern beziehungsweise zu verlängern. Dadurch könnte ein Plus von vier Prozent an Personal erreicht werden, meint Sell.
Eine weitere Erkenntnis: Der Streik der Kita-Angestellten 2009 hat an den Arbeitsbedingungen und an der viel zu geringen Entlohnung kaum etwas geändert. Und dies obwohl sogar die Arbeitgeberseite eingeräumt hatte, dass der Beruf der Erzieherin aufgewertet werden muss. Sell sieht daher eine erhebliche Diskrepanz zwischen den gestiegenen Anforderungen, die an Erzieherinnen gestellt werden, und der Anerkennung und Vergütung dieser Arbeit.
In den rheinland-pfälzischen Kindertagesstätten arbeiten derzeit mehr als 22 000 Erzieherinnen, Erzieher und andere pädagogische Fachkräfte. Außerdem sind rund 1650 Frauen und Männer in der Kindertagespflege beschäftigt, wie das Bildungsministerium in Mainz mitteilte.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.