Extreme Debatte im Bundestag
Aktuelle Stunde wegen Sprengsatzwurfs auf Polizisten in Berlin
Die Aktuelle Stunde im Bundestag war geprägt von Polemik und scharfen Äußerungen. Die meiste Prügel hatte – wie beinahe schon Tradition in Debatten um linke Gewalt – die LINKE einzustecken. Um das Bonmot des Tages vorwegzunehmen: »Die LINKE ist eine durch und durch extremistische Partei mit einem ungeklärten Verhältnis zur Gewalt«, sagte der CDU/CSU-Abgeordnete Reinhard Grindel. Und deshalb sei es gut, dass sie vom Verfassungsschutz beobachtet werde.
Da konnte Halina Wawzyniak, Berliner Abgeordnete der so attackierten Partei, noch so sehr betonen: »Wer Sprengsätze auf Polizisten wirft ist nicht links, sondern kriminell.« Die Konservativen wollten es ihr nicht recht glauben. Sie verstehe den Titel der Aktuellen Stunde nicht, sagte sie weiter, es sei denn, es werde »ein Vorwand für Gesetzesverschärfungen gesucht«. Die hatte nämlich der Vorsitzende des Innenausschusses Wolfgang Bosbach (CDU) gefordert. Der Landfriedensbruchparagraf im Strafgesetzbuch sei zu schwach, außerdem könnten sich die Täter vom Samstag, als auf der Berliner Demo gegen das schwarz-gelbe Sparpaket von Unbekannten ein Sprengsatz auf Polizisten geworfen wurde, nicht auf die Versammlungsfreiheit berufen. »Für die Antwort reicht unser Rechtssystem vollständig aus«, widersprach ihm Wolfgang Wieland von den Grünen und kritisierte die reflexartige Forderung nach einer Gesetzesverschärfung als »schäbig«.
Für Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), ist der Vorfall von Samstag eine »neue Qualität« und zudem kein Einzelfall. Die Ausübung von Demonstrationsrecht dürfe »für keinen Menschen in diesem Lande gefährlich« werden. De Maizière plädierte für die räumliche und geistige Trennung von »den Autonomen«.
Daniela Kolbe (SPD) sagte, das Ziel der Debatte müsse sein, dass sich die linke Szene nicht weiter »radikalisiere und organisiere«, betonte aber gleichzeitig, sie dürfe nicht von Polemik und Aktionismus geprägt sein. Wie die beiden Aussagen zusammenpassen, sagte sie nicht. Der CDU-Abgeordnete Hans-Peter Uhl forderte gar einen Aufstand der Anständigen gegen Links. Stefan Edathy (SPD) übte danach Kritik an Schwarz-Gelb: »Man sollte die Aktuelle Stunde erst beantragen, wenn man weiß, was man damit will.«
Tatsächlich ging es in der von vielen Zwischenrufen und einigem Gepöbel geprägten Debatte im kaum gefüllten Plenarsaal des Bundestages weniger um einen Austausch als oft um parteipolitische Polemik: Die CDU schoss sich auf die LINKE ein, Grüne und SPD auf den Extremismus. Mit Anmerkungen zu polizeilicher Kennzeichnungspflicht und zivilem Ungehorsam versuchte zumindest die LINKE auch die andere Seite der Proteste zur Sprache zu bringen.
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