Das traurige Ende der Volley Cats Berlin

Volleyball: Insolvenz im WM-Vorfeld / Zur Rettung der Bundesligalizenz sieben Spielerinnen bei Eintracht Innova Berlin »geparkt« / 30. Juni ist Ultimo

Eine große Ära des Berliner Frauen-Volleyballs geht zu Ende. Nicht abrupt etwa, denn der Niedergang zeichnet sich schon seit einigen Jahren ab, aber nunmehr endgültig. Und das ausgerechnet im Vorfeld der ersten Frauen-WM in Deutschland, bei der Berlin vom 13. bis 15. September Austragungsort der Halbfinal- und Finalspiele ist. Der Fakt: Am Dienstag stellte der erst im vergangenen Herbst vom Manager zum Vereins-Präsidenten aufgestiegene Klein-Unternehmer Heinz Kuring beim Berliner Amtsgericht den Insolvenz-Antrag für die Volley Cats Berlin. Damit wird das Aus einer ebenso langjährigen wie erfolgreichen Tradition im Frauen-Volleyball - und zwar weit über Berlin hinaus - eingeleitet. Geschrieben wurde die Erfolgsstory einst durch den SC Dynamo Berlin, der bis 1990 immerhin 19 Mal DDR-Meister war, der 1991 als SC Berlin in der damals noch nach Ost und West geteilten deutschen Meisterschaft Titelträger wurde. Weltklassespielerinnen wie Maike Arlt, Grit Naumann oder Susanne Lahme prägten das Geschehen. Aus dem SC Berlin wurde schließlich CJD Berlin, der Anfang der 90er Jahre vier Mal Pokalsieger, 1993 und 1995 deutscher Meister wurde und sein sportliches Krönungsjahr 1993 mit dem Triple (Meistertitel, Pokalgewinn und Europacupsieger der Landesmeister) feierte. Da sich trotz dieser Erfolge der Namenspatron Christliches Jugenddorf kaum engagierte, wurde 1999 die CJD-Ära beendet. Aus der Taufe gehoben wurden die Volley Cats Berlin. Doch schon zu dieser Zeit war die sportliche Dominanz der Berlinerinnen längst durch andere Vereine - darunter der Schweriner SC und der Dresdner SC 1898 - gebrochen. Der sportliche Niedergang ging einher mit Missmanagement, mit häufigen Trainerwechseln - an die Erfolgsära von Coach Volker Spiegel, dem letzten DDR-Nationalmannschaftstrainer, konnte nach ihm keiner auch nur annähernd anknüpfen - und mit verfehlter Transferpolitik. Der frühere CJD-Präsident Norbert Bücker gab Ende des letzten Jahres sein Amt ebenso auf wie schon lange vor ihm der langjährige Manager Siegbert Brutschin, der eigentliche Macher vor und nach der Wende. Der einstige Handballer widmet sich fortan innerhalb des Deutschen Volleyball-Verbandes vollends der Organisation der bevorstehenden Frauen-WM. Zu den traurigen Fakten gehört auch: Schon seit Jahren schleppt der Erstbundesligist ein Schuldenberg mit sich herum. Mitte vorigen Jahres waren die Verbindlichkeiten noch mit rund 350000 Mark angegeben worden. Unter Kurings Ägide wurde ein Entschuldungskonzept erarbeitet, das sich im wesentlichen auf den weitgehenden Verzicht der Gläubiger und auf den Zugriff auf Fördermittel stützte. Nur dank einer Sonderzuwendung des Landessportbundes in Höhe von 50000 Euro war es überhaupt möglich, dass die jetzt beendete Bundesligasaison durchgespielt werden konnte. Mit magerem Ergebnis. Nur durch eine erfolgreiche Relegation konnte der Tabellen-Vorletzte den Abstieg in die 2. Liga in letzter Minute vermeiden. Die jetzige Schuldenlast des Vereins beläuft sich auf rund 40000 Euro. Das zwang den Präsidenten Heinz Kuring zum Handeln, zumal auch seit Februar keine Gehälter mehr an die Spielerinnen gezahlt wurden. Darunter sind mit Anja-Nadin Pietrek, Adina Hinze, Kathy Radzuweit und Christin Guhr auch Nationalspielerinnen, von denen bis auf Pietrek die anderen zum Ende Mai nominierten deutschen WM-Aufgebot gehören dürften. Inzwischen steht auch fest, dass Pietrek, Radzuweit und Sabine Sagert die Volley Cats verlassen werden. Auch Zuspielerin Adina Hinze denkt über einen Vereinswechsel nach. Während der Ausverkauf läuft, versucht Heinz Kuring zu retten, was womöglich nicht mehr zu retten ist. Um die Bundesligalizenz nicht zu verlieren, bot er alle seine Überredungskünste auf. So wurden sieben Spielerinnen beim SC Eintracht Innova Berlin - beheimatet im Bezirk Hellersdorf - sozusagen »geparkt«. Fünf hätten für eine Bundesliga-Spielrechtsübertragung schon gereicht. Doch damit sind die Probleme nicht vom Tisch. Denn unter dem Dach von Eintracht Innova spielen bereits die in die 1. Männer-Bundesliga wieder aufgestiegenen Volley Dogs. Und die haben momentan alle Hände voll zu tun, um ihren Etat für die nächste Saison zusammen zu bekommen. Zwei Erstligisten unter einem Dach sind einfach nicht zu finanzieren, das weiss auch Heinz Kuring. »Bis zum 30. Juni haben wir Zeit«, sagt er, »bis dahin suche ich weiter Kontakte zu reinen Volleyballvereinen. Ich will endlich mal schuldenfrei in eine neue Bundesligasaison gehen.« Ein frommer Wunsch in einer Stadt, in der der Sporthaushalt generell um fast ein Viertel gekürzt wurde. Aber bekanntlich stirbt die Hoffnung zuletzt...

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