»Ich werde den Widerstand unterstützen«
Abgeordnete Cornelia Ernst setzt auf Revision des Assistentenstatuts – und eine Gesprächslösung
ND: Sie haben ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, das zahlreiche Kritikpunkte am Gesundheitsfragebogen und am Umgang mit personenbezogenen Daten auflistet. Ist das nicht mit Kanonen auf Spatzen geschossen?
Ernst: Hier geht es nicht um Peanuts. Erstens sind mir die Rechte der Assistenten sehr wichtig. Zweitens bringt es mich in Rage, wenn sich das Parlament einerseits ganz groß den Schutz von Daten und Privatsphäre auf die Fahnen schreibt, es intern aber nicht so genau damit nimmt. Da fallen Anspruch und Wirklichkeit weit auseinander. Das Gutachten sollte eine unabhängige Überprüfung unserer Bedenken sicherstellen und sowohl den Betroffenen wie den Abgeordneten etwas an die Hand geben.
Wie haben die Vertreter des Europäischen Parlaments reagiert?
Ehrlich gesagt nicht so, wie ich es gehofft hatte. Seit Monaten hatte man mich und die Betroffenen beruhigt, alles sei in Ordnung. Nun haben wir ein Gutachten, das unsere Bedenken bestätigt, und man hüllt sich einfach in Schweigen. Dieser Eindruck täuscht jedoch. Tatsächlich ignoriert man den Sachverhalt ganz und gar nicht. In den Gängen der Parlamentsverwaltung ist man verunsichert, berät sich, will Klarheit schaffen.
Das Europäische Parlament ist Vertragspartner der Assistentinnen und Assistenten. Sie sind selbst Abgeordnete. Müssten Sie nicht eher die Position des Parlaments mittragen?
Wieso sollte ich? Sicher, das hohe Haus hat die Verwaltung der Verträge übernommen und mit dem Statut haben parlamentarische Assistentinnen und Assistenten erstmalig geregelte Arbeitsbedingungen. Das gibt dem Parlament jedoch nicht das Recht, in einem abstrakten, subjektiven und datensammelwütigen Selektionsverfahren die Wahlfreiheit der Abgeordneten bei der Einstellung von Mitarbeitern entscheidend einzuschränken. Diese Wahlfreiheit wurde bei der Erarbeitung des Statuts 2009 als maßgeblich erachtet.
Ich wünsche mir eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen den Abgeordneten und der Parlamentsverwaltung, bei der die Notwendigkeit und gegebenenfalls der Umfang der Datenerfassung diskutiert werden.
Wie wird es mit den Fragebögen weitergehen, welche nächsten Schritte sind geplant?
Die Strategie der Assistenten lautet: Aussitzen. Mitte Mai haben einige einen »letzten Aufruf« bekommen. Seitdem ist jedoch nichts passiert. Wie auch: Einerseits ist nicht klar, ob die Durchführung der Untersuchung eine Einstellungsvoraussetzung ist. Ein Kündigungsgrund ist es aber auch nicht. Also was? Ich persönlich werde mich in größerer Runde noch einmal mit Beteiligten aller Ebenen treffen und mögliche Schritte zur Revision des Statuts und der darin enthaltenen Passagen zur medizinischen Untersuchung besprechen. Sollte es bis dahin Ärger geben, werde ich die Betroffenen in ihrem Widerstand unterstützen.
Fragen: Uwe Sattler
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